Skip to main content

Gemeindeorientierte Initiative für Biblische Beratung (GIBB)

Im Jahr 1986 begannen wir mit der GIBB-Arbeit. Wir, das sind außer mir zwei Brüder, die sich in Tübingen vom Studium und von der gemeinsamen Gemeinde her kannten.

Unser Anliegen war es, etwas gegen ein gefährliches Defizit in den christlichen Gemeinden zu unternehmen. Es ging um das Defizit in Sachen Seelsorge. Nach und nach kamen andere Brüder dazu. Da die Entwicklung dahin lief, dass ich 90% der Schulungs- und Seminartätigkeit machen würde, sah ich im Jahr 1993 die Notwendigkeit, aus dem Beruf auszusteigen. Ich war als Psychologe in einer christlichen Klinik für alkoholkranke Männer tätig. Im selben Jahr erschien auch mein erstes Buch „Plädoyer für eine biblische Seelsorge“.

Von 1995-2003 führten wir ein sogenanntes Osteuropaprojekt durch. Ich hielt in diesen Jahren Schulungen in Russland, in Polen, in Kroatien und sehr intensiv in Weißrussland und Ungarn. Seit 1990 hatten wir ca. 28.000 Teilnehmer.

Die GIBB-Arbeit versteht sich als gemeindeorientiert und biblisch.

Gemeindeorientiert… das heißt:

  • Wir meinen, dass der angestammte Platz der Seelsorge die Gemeinde ist.
  • Unser Anliegen ist es daher, der Gemeinde Jesu zu dienen und Gemeindeglieder für die Seelsorge zuzurüsten.
  • Wir sind / waren als GIBB-Mitarbeiter alle in Gemeinden in leitender Funktion aktiv und behalten so den Bodenkontakt.
  • Wir verstehen uns nicht als gemeindeunabhängiges Werk, sondern unterordnen uns örtlichen Gemeinden.

Biblisch… das heißt:

  • Wir meinen, dass die Bibel die einzige autoritative Grundlage für die Seelsorge ist.
  • Wir lehnen alle Lehren und Methoden ab, die der geoffenbarten Wahrheit Gottes widersprechen.
  • Wir verzichten auf Methoden der modernen Psychotherapien, weil wir meinen, dass sie dem Anliegen der Seelsorge entgegenwirken.
  • Psychologische Erkenntnisse, soweit sie mit der biblischen Wahrheit vereinbar und für die Seelsorge brauchbar sind, beziehen wir ein.

Unsere Hauptaufgaben:

  • Schulungen und Seminare
  • Aufklärung und Information
  • Stationäre Hilfe (liegt zurzeit brach)

Im Folgenden möchte ich unsere Seelsorge-Konzeption vorstellen.

1. Definition und Begriff

Die Gemeindeorientierte Initiative für biblische Beratung sieht sich in erster Linie als Antwort auf den Mangel in unseren Gemeinden, sich den Mühseligen und Beladenen in Liebe und Wahrheit zuzuwenden und wirksame Hilfe anzubieten. Die Verantwortung dazu liegt in der Bibel begründet: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal 6,2).

Seelsorge muss dem Anspruch gerecht werden, geistlich, ganzheitlich, nüchtern und ausgewogen zu sein. Biblische Beratung und biblische Seelsorge meint zunächst eine Seelsorge, die sich völlig und ganz auf das Wort Gottes gründet. Dies setzt voraus, dass wir die Bibel als von Gottes Geist eingegeben, irrtumslos und absolut verbindlich für die Gestaltung unseres Lebens ansehen (2Tim 3,16.17). Von daher vermögen wir biblische Seelsorge von außerbiblischen und unbiblischen Vorgangsweisen abzugrenzen. Biblische Beratung und biblische Seelsorge soll auch gemeindeorientiert sein. Das heißt, dass die Initiative kein gemeindeunabhängiges Werk sein möchte, sondern sich der Aufsicht durch neutestamentliche Ortsgemeinden unterstellt. Das heißt weiterhin, dass alle Mitarbeiter in örtlichen Gemeinden aktiv im Dienst stehen. Und schließlich wollen sie durch die Förderung einer biblischen Seelsorge in den Gemeinden dazu beitragen, dass die Gläubigen im Sinne von Epheser 4,12 zugerüstet werden zum Dienst am Leib Christi. Das Kreuz ist Ausgangspunkt und Zielpunkt biblischer Beratung. „Ruhe für unsere Seelen” ist uns nur verheißen, wenn wir bereit sind, den Kreuzesweg zu gehen (Mt 11,29). Nur auf dem Weg des Sterbens kann unser Leben fruchtbar werden im Dienst. Befreiung von seelischen Nöten wird in den meisten Fällen (soweit nicht körperlich verursacht) erwünschtes Nebenprodukt sein.

2. Menschen- bzw. Weltbild

Der Mensch ist ursprünglich als vollkommenes, im Bilde Gottes geschaffenes Wesen durch die Sünde Adams seinem Schöpfer entfremdet und zum Spielball der ihm innewohnenden Sünde und gottfeindlicher Mächte geworden. Die Sünde ist seither als zerstörende und krankmachende Kraft in seinem Leben wirksam. Durch den Glauben an Christus, den Sohn Gottes, kann aber der Mensch wiedergeboren werden zu einem neuen Leben, Vergebung seiner ganzen Lebensschuld erfahren und von der Macht der Sünde befreit werden. Er ist nun eine neue Schöpfung, in Christus gerecht gemacht und mit ewigem Leben und unverlierbarem Heil ausgestattet.

In Bezug auf seine Beschaffenheit vertreten wir eine substantielle Dichotomie und eine funktionelle Trichotomie, d. h. der Mensch besteht aus zwei Teilen, dem materiellen und vergänglichen Leib und dem immateriellen unvergänglichen Geist bzw. der Geist-Seele. Beim lebendigen Menschen können wir funktionell zwischen Leib, Seele und Geist unterscheiden. Seelische Störung ist immer eine Funktionsstörung des ganzen Menschen.

3. Ethik

Die Ethik biblischer Beratung gründet sich auf das biblische Menschenbild und das Wort Gottes, das als von Gottes Geist eingegeben, irrtumslos und maßgebend für die Gestaltung unseres Lebens anzusehen ist. Die biblischen Aussagen zu Herkunft, Bedeutung und Ziel des Menschen gelten als verbindliche Grundlage für unser Leben. Der Christ hat in Christus eine neue Identität. Darin begründet sich auch sein Wert. Wenn er sich diese neue Identität im Glauben zu eigen macht, wird er zur Freiheit gegenüber Menschen befreit und zum Gehorsam gegenüber Christus motiviert. Die Tatsache, dass er es noch mit dem „Fleisch” zu tun hat, impliziert aber auch, dass er bis an sein Lebensende ein fehlender und lernender Mensch bleibt.

4. Beratungsziele

Biblische Beratung sieht als Ziel für den Einzelnen nicht primär dessen psychische Gesundheit, sondern sein Heil bzw. seine Heiligung. Gottes letztes und eigentliches Ziel mit seinen Kindern ist uns in Epheser 1,12 aufgezeigt: „… auf dass wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit”. Das können wir aber nur dann, wenn wir Christi Wesen an uns tragen, immer mehr in Sein Bild umgestaltet werden. Dieses Ziel schließt die psychische Gesundung mit ein, geht aber wesentlich darüber hinaus.

Durch den Glauben an Jesus Christus und die Umgestaltung durch den Heiligen Geist erhält der Mensch eine neue Natur, erfährt Vergebung seiner Schuld und wird von der Macht der Sünde befreit. Die Seelsorge soll helfen, dass diese neue Natur zur prägenden Kraft im Leben des Ratsuchenden wird, so dass Christi Gnade und Gerechtigkeit zunehmend ihre heilende Wirkung im Leben des Ratsuchenden entfalten kann. Je klarer sein Leben Christus untergeordnet und hingegeben ist, desto mehr wird er auch in seiner Psyche gesunden.

So geht es nicht um bloße Einstellungsänderung bzw. Verhaltensmodifikation, sondern um Veränderung, die aus einem geänderten Herzenszustand erwächst. Das grundlegende Ziel ist demnach Heiligung. Heiligung heißt, dass der Christ das, was er durch die Wiedergeburt schon ist (nämlich heilig, gerecht und vollkommen), nun auch immer besser verwirklichen und ausleben kann (Kol 1,29). Anders gesagt: Christus soll in ihm Gestalt gewinnen (Gal 4,19). Ein weiteres Ziel ist, dass sein Leben fruchtbar wird für Gott (2Tim 3,17). Das kann bei verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich aussehen und hängt von seinen vorgegebenen und vielleicht auch nicht veränderbaren Grenzen seelischer oder körperlicher Art ab, die ihm gesteckt sind.

5. Entstehungsgeschichte

Die Gemeindeorientierte Initiative für biblische Beratung e. V. (GIBB) wurde im Jahre 1985 gegründet, und ist aus dem Arbeitskreis für biblische Beratung (ABB) hervorgegangen. Jahrelang trug dieser Arbeitskreis das Anliegen auf dem Herzen, etwas für eine biblische Seelsorge zu tun. Nach vielen Gesprächen und Gebet war 1985 der Zeitpunkt gekommen, die Initiative für eine biblische Beratung zu ergreifen. Es handelt sich um eine Initiative von gläubigen Psychologen, Theologen, Sozialpädagogen und Ärzten, die es sich zum Ziel gesetzt hat, dem Mangel an biblischer Seelsorge in den Gemeinden durch Schulung von Gemeindemitarbeitern entgegenzuwirken.

Geplant war von Anfang an auch die Schaffung einer stationären Einrichtung für psychisch belastete Christen, in der sie seelsorgerlich betreut werden, und die auf biblischer Grundlage arbeitet. Von 1999-2012 wurde unter der Aufsicht und Unterstützung durch GIBB der „Lebenshof Engishausen“ (87743 Egg a. d. Günz) betrieben.

6. Selbstverständnis des Seelsorgers

Das eigentliche Subjekt der Seelsorge ist und bleibt Gott. Der Seelsorger ist daher immer nur Werkzeug in der Hand Gottes. Um brauchbar zu sein, sollte er in der Heiligung leben. Als ein unvollkommener Mensch, der selbst aus der Gnade Gottes lebt, wird er sich mit unter die Not und Schuld des Ratsuchenden stellen und ihn so zur Einsicht seiner bisher sündigen und fleischlichen Wege führen können. Er ist dabei letztlich immer auf die Führung und Mitwirkung des Geistes Gottes angewiesen. Der Seelsorger ist kein Heiler, sondern eher ein Pädagoge. Als solcher sollte er dem Ratsuchenden nicht nur durch Worte, sondern durch das Vorbild seines eigenen Lebens Richtung weisen. Deshalb ist das „Sein“ des Seelsorgers dem „Tun“ vorgeordnet.

7. Arbeitsweise des Seelsorgers

Seelsorgerliches Handeln hat ein breites Spektrum. Es bedeutet zunächst: zuhören, einfühlen, verstehen, ermutigen, Hoffnung vermitteln, Vergebung zusprechen, trösten, aber auch ermahnen, zurechtweisen, verwarnen, herausfordern, konfrontieren. Zu den Grundelementen einer biblischen Beratung gehört zunächst die diagnostische Phase, in der der Seelsorger nach einer gründlichen Problemanalyse und evtl. auch Anamnese versucht zu verstehen, um welche Problematik es sich handelt. Hat der Berater die wesentlichen Zusammenhänge erkannt, so wird er nun versuchen, sie dem Ratsuchenden nahe zu bringen. Er wird den Ratsuchenden ermahnen und zurechtweisen. Beide Vorgangsweisen sind sehr differenziert zu sehen, und der Umgang damit sollte sehr behutsam sein.

Oft können wir nicht sehr viel mehr tun, als den Ratsuchenden auf einen Weg zu führen, den er dann selbst gehen muss. Wir haben als Seelsorger die Aufgabe, im Herzen des Ratsuchenden Wege zu bahnen für Gottes Willen (Ps 84,6). Auch das Aufrichten und Trösten ist von großer Wichtigkeit. Der Ratsuchende sollte grundsätzlich jedes Gespräch mit Hoffnung verlassen.

Das Beraten im engeren Sinne soll dem Ratsuchenden konkrete Hilfestellung und Wegweisung zur Veränderung von Gewohnheiten und lebenspraktischen Fertigkeiten vermitteln. Es wird darum gehen, ihm zu helfen, selbst das Pro und Contra einer Entscheidung herauszufinden, ihn zu der Entscheidung herauszufordern und ihm zu helfen, sie in seinen Alltag umzusetzen. Letzteres könnte auch die Aufgabe eines Mentors sein, der ihn in Form einer Zweierschaft ein Stück seines Weges begleitet. Bei all dem ist es sehr wichtig, dass wir den Ratsuchenden nicht nur mit dem Anspruch des Gehorsams konfrontieren, sondern ihm auch einen Weg aufzeigen, wie er Freude und Kraft zu einem gehorsamen Wandel bekommen kann. Andernfalls bringen wir ihn unter einen gesetzlichen Zwang. Daher wird das Tun des Seelsorgers oft nicht viel mehr sein können, als in dem Ratsuchenden Motivation zu wecken, sich in seiner Problematik Gott zu unterstellen und sich von Ihm an die Hand nehmen zu lassen.

8. Interventionen und Methoden

Erkenntnisse der Humanwissenschaften werden in der biblischen Seelsorge und Beratung genutzt, und sind insbesondere in der diagnostischen Phase des Seelsorgeprozesses von Bedeutung. Kriterium für die Auswahl des psychologischen Wissens ist die Kongruenz mit dem biblischen Menschenbild. So werden unter anderem Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie, der Kommunikationspsychologie und der Persönlichkeitspsychologie, diagnostische Methoden sowie Erkenntnisse aus dem Bereich der Psychiatrie und Psychosomatik in das Konzept der biblischen Seelsorge integriert. Die Gemeindeorientierte Initiative für biblische Beratung hält jedoch die verschiedenen psychotherapeutischen Ansätze für keinesfalls wertfrei. Deshalb werden in das Konzept der biblischen Beratung grundsätzlich keine psychotherapeutischen Methoden einbezogen.

9. Rolle des Ratsuchenden

Er sollte willig sein, sich in seiner Problematik unter Gott zu stellen, und die Autorität Seines Wortes zu akzeptieren. Er sollte außerdem bereit sein, sich durch den Geist Gottes verändern zu lassen und biblisch begründete Korrektur durch den Seelsorger anzunehmen. Die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit wird von Anfang an erwartet und eingefordert.

10. Besonderheiten

Die Bibel wird als das eigentliche Instrument seelsorgerlichen Handelns angesehen und auch konkret zum Einsatz gebracht. Daneben helfen diverse Modelle biblischer Psychologie nicht nur dem Seelsorger, die Problematik besser zu verstehen und biblisch richtig einzuordnen, sondern sie dienen auch dazu, diese Einsichten dem Ratsuchenden didaktisch optimal vermitteln zu können.

11. Kosten

Da der Ansatz von GIBB gemeindeorientiert ist und davon ausgeht, dass Seelsorge im Raum der Gemeinde stattfindet als ein Dienst unter andern, soll dafür kein Geld genommen werden.

12. Dauer

Es wird empfohlen, von vornherein ein zeitliches Limit für regelmäßige Beratungsgespräche (ca. 5-6 Termine) festzulegen. Ist eine Beratung darüber hinaus erforderlich, können zunächst die Abstände zwischen den Terminen kontinuierlich verlängert werden. In schwierigen Fällen wäre an eine weitere Begleitung (z. B. durch einen Mentor in Form einer Zweierschaft) zu denken.

13. Setting

Normale Gemeindeseelsorge wird nicht nur „konsultativ” sein in dem Sinne, dass die Initiative von dem Ratsuchenden ausgeht. Oft wird es auch so sein, dass der Seelsorger den Ratsuchenden anspricht. Seelsorge vollzieht sich auch nicht nur im vorher terminierten Gespräch unter vier Augen. Sie ist schon das kurze Wort der Ermutigung, die in Liebe ausgesprochene Ermahnung, das gemeinsame Gebet, ein Wort Gottes zur rechten Zeit, ein kurzes Gespräch nach dem Bibelabend, ein Lob, ein Dankeschön – ja, auch eine konkrete praktische Hilfeleistung.

Biblische Beratung wird sowohl Einzelnen, als auch Paaren angeboten. Bei Eheproblemen wird ein gemischtes Vorgehen empfohlen: mit jedem der Partner einzeln und mit beiden zusammen. Wo es um Probleme der Sucht geht oder um die Veränderung eingeschliffener Lebensgewohnheiten, wäre – soweit möglich – eine zeitweise Einbindung in eine Lebensgemeinschaft wünschenswert. Die Familie des Betroffenen sollte nach Möglichkeit immer mit einbezogen werden. In wenigen Fällen wird eine stationäre Behandlung erforderlich sein. Das Ziel der Schaffung einer stationären Einrichtung wurde 1999 realisiert. Daneben wird auch eine fachliche Unterstützung anderer stationärer Einrichtungen für psychisch Belastete durch GIBB angeboten.