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Diesen Artikel haben wir mit freundlicher Erlaubnis des Lichtzeichen-Verlages aus dem E-Book „Moderne Medizin und Ethik“ (ISBN: 978-3-86954-992-7) von Michael Kotsch entnommen. Die Printausgabe ist leider vergriffen. Wir haben die wertvollen Ausführungen in zwei Artikel aufgeteilt. Die Hervorhebungen finden sich im Original; wir haben sie beibehalten. Die Redaktion


In der Bibel geht es nicht nur um den Himmel und das Leben nach dem irdischen Tod. Zahlreiche Angaben beziehen sich auf die Freuden und Sorgen des irdischen Lebens. Ein gewichtiger Bestandteil dieses Lebens ist die Gesundheit. Da sich Gott nicht nur für die Seele, sondern für den ganzen Menschen interessiert, verwundert es nicht, dass sich zahlreiche Bibelstellen mit der Gesundheit und Krankheit des Menschen beschäftigen.

1. Krankheit in der Bibel

Manchmal finden sich in der Bibel Sammelbegriffe wie Krankheit, Seuche, Plage, Gebrechen (5Mo 28,58-61; Mt 4,23f; Mk 5,29). Dann wiederum finden sich recht spezifische Beschreibungen einzelner Krankheiten, die durchaus auf dem Niveau der damaligen Zeit rangieren. Als Ausfluss wird ein schleimiger eitriger Eiterfluss aus der Harnröhre bezeichnet (3Mo 15,1-15), bei dem es sich möglicherweise um eine Harnröhrenentzündung (Urethritis) oder eine Gonorrhö (Geschlechtserkrankung) handelte. Neben zahlreichen Personen, die unter Aussatz litten, finden sich insbesondere in 3. Mose 13 detaillierte Beschreibungen der Krankheitssymptome und dem Umgang mit Erkrankten. Verdacht auf Aussatz besteht bei Schwellungen, Ausschlag oder hellen Flecken auf der Haut. Haare werden weiß, gelegentlich wächst wildes Fleisch, das auch wieder verschwinden kann, am ganzen Körper verbreitet sich ein weißer oder rötlichweißer Ausschlag, „wie Schnee“.

Bei vermutetem Aussatz musste der Betroffene sieben bis vierzehn Tage unter Quarantäne gestellt und beobachtet werden. Bestätigten sich die Befürchtungen, galt der Kranke als kultisch unrein. Er musste normalerweise abgesondert von der übrigen Bevölkerung leben und durfte weder den Tempel noch die Synagoge besuchen. Heilungen, beispielsweise durch einen übernatürlichen Eingriff Gottes (4Mo 12,13; 2Kön 5,14; Mt 8,3; 10,8), wurden von einem Priester bestätigt, woraufhin der Betroffene auch offiziell wieder als gesund galt (3Mo 13,13). Vom Krankheitsbild her lässt sich der biblische Aussatz sowohl mit Lepra als auch mit der Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) identifizieren.

Die Auszehrung führt zur Abmagerung und zu einem allgemeinen Kräfteverfall (3Mo 26,16; 5Mo 28,22; Jes 10,16). Wahrscheinlich bezeichnen wir diese Krankheit heute als Tuberkulose (Schwindsucht). In gewisser Weise erinnert die Besessenheit an verschiedene psychische Erkrankungen. Im Neuen Testament wird sie allerdings eindeutig auf übernatürlichen, dämonischen Einfluss zurückgeführt (Mt 8,28ff.; 9,32f.; 12,22ff.). Durch Stöße oder Schläge hervorgerufene Schwellungen und Prellungen werden in der Bibel häufig als Beulen bezeichnet (l Mo 2,23; 2Mo 21,25). Blindheit wurde den biblischen Berichten entsprechend entweder vererbt (Joh 9,1), mit zunehmendem Alter erworben (1Mo 27,1; 1Sam 4,15; 1Kön 14,4) oder durch Gewalt bewusst hervorgerufen (Ri 16,21; l Sam 11,2; 2Kön 25,7), wie z.B. bei Kriegsgefangenen.

Unter Blutfluss verstand man sowohl die monatliche Menstruation (3Mo 15,19) und die Blutungen nach der Entbindung (3Mo 12,7) als auch außergewöhnliche, langandauernde Blutungen der Frauen (3Mo 15,25; Mk 5,25f.). Während dieser Zeit galten die Betroffenen als kultisch unrein und wurden weitgehend von öffentlichen und religiösen Anlässen ausgeschlossen. Auch Brandwunden werden in der Bibel beschrieben (3Mo 13, 24-28). Im Zusammenhang mit schwer ausheilenden, infizierten Wunden wird häufig von Eiter gesprochen (Ps 38,6; Spr 12,4; 14,30). Unter dem Oberbegriff „Fehler“ fasst die Bibel zahlreiche Missbildungen zusammen, die den betroffenen Priester vom Opfern disqualifiziert (3Mo 21,17-23). Als Fehler galten Blindheit, Missbildungen an Augen, Gesicht oder Gliedern, schlecht verheilte Brüche, Zwergwuchs, Hauterkrankungen, Lahmheit oder Sterilität (5Mo 23,2).

Fieber taucht in der Bibel nicht nur als Begleitumstand anderer Erkrankungen, sondern auch als selbstständige Krankheitsbezeichnung auf (3Mo 26,16; 5Mo 28,22; Joh 4,52). Auf mögliche Spezifizierungen verweist Lukas, der von einem „hohen Fieber“ (Lk 4,38f.) und wiederkehrenden Fieberschüben (Apg 28,8) berichtet. Flechten auf der Haut von Menschen und Tieren werden in der Bibel beschrieben (3Mo 21,20; 22,22).

Auch verschiedenartige Geschwüre scheinen zu biblischen Zeiten weit verbreitet gewesen zu sein. Mit „bösen Blattern“ werden Beulen bezeichnet, die zu Geschwüren aufbrechen (2Mo 9,9ff.; 5Mo 28,27). An anderen Stellen wird von „bösen Geschwüren“ am ganzen Körper berichtet (Hiob 2,7), die eher an Lepra im heutigen Sinne erinnern. Die bei Hiskia geschilderten Symptome (2Kön 20,7; Jes 38,21) lassen eher auf Furunkel (oder Abszess) schließen. Im neutestamentlichen Griechisch bezeichnet das Wort eine eitrige Geschwulst (Lk 16,20f.; Offb 16,2.11). Als Grind wird ein krustiger oder borkiger Ausschlag an Kopf und Bart bezeichnet (3Mo 13,6-8.30-37; 5Mo 28,27).

Herzerkrankungen umfassen in der Bibel sowohl psychische Leiden (1Kön 8,3 8ff.; Ps 51,11-12.19) wie auch Herzinfarkte (1Sam 25,37f.). Überhaupt finden sich in der Bibel immer wieder Hinweise auf psychosomatische Erkrankungen. Nervliche Anspannung und Überlastung kann zu körperlichen Erkrankungen führen (Dan 8,27). Bei biblischer Kahlheit geht es weniger um kosmetische als um medizinische Aspekte. Gelegentlich tritt sie zusammen mit Aussatz und anderen Hauterkrankungen auf (3Mo 13,40-43; Jes 3,17).

Knochenbrüche werden in der Bibel im Zusammenhang mit Unfällen (1Sam 4,18), Hinrichtungen (Joh 19,31) oder kriegerischen Auseinandersetzungen erwähnt. Schlecht verheilte Brüche disqualifizierten vom Priesterdienst im Tempel (3Mo 21,19). Bei der alttestamentlichen Krätze (3Mo 21,20; 5Mo 28,27) handelt es sich vermutlich um eine stark juckende Hautkrankheit, die durch Milben hervorgerufen wird. Auch Krebs scheint in der Bibel erwähnt zu werden. In 2. Timotheus 2,17 wird die Gangrän (Brand) beschrieben. Abgestorbene Gewebeteile werden durch Fäulniserreger zersetzt. Häufig beginnt sie an den Finger- oder Zehenspitzen und ist auch durch die Amputation der betroffenen Gliedmaßen nicht sicher zu heilen, da sie am Stumpf erneut auftreten kann.

Lahme sind durch Krankheit, Unfall (2Sam 4,4) oder Verstümmelung (Mt 18,8) beim Gehen behindert oder unsicher (Hebr 12,13) und oft auf fremde Hilfe angewiesen (Hiob 29,15). Einige Menschen scheinen auch von Geburt an lahm gewesen zu sein (Apg 3,2; 14,8). Die beschriebenen Lähmungen können auf geschädigtes Nervengewebe, aber auch auf Gelenkrheuma zurückgeführt werden. Paulus rät Timotheus, zur Behandlung seiner nicht näher beschriebenen Magenerkrankung regelmäßig Wein zu trinken (1Tim 5,23).

Die Symptome des Mondsüchtigen erinnern an Epilepsie (Mt 17,15; Mk 9,18), werden aber im Zusammenhang mit dämonischer Besessenheit erwähnt. Möglicherweise beobachteten die Menschen einen Zusammenfall von Krankheitsausbruch bzw. -verlauf und Mondzyklus. Die Pest wird als verheerende Seuche geschildert, die zumeist als Strafe und Gericht Gottes auftritt (3Mo 26,25; 5Mo 28,21; 2Sam 24,13), oft im Zusammenhang mit Hunger und Krieg. Der Vater des Publius auf Malta litt wahrscheinlich an einer Amöbenruhr, die auch zu einem von Fieber begleiteten Leberabszess führen kann. Bei der „Eingeweidekrankheit“ König Jorams (2Chr 21,15.18f.) könnte es sich ebenfalls um eine Ruhr gehandelt haben, die einen schmerzhaften Darmvorfall nach sich zog. Sammelbezeichnung für alle Arten äußerer Verletzungen war der Begriff „Schaden“ (2Mo 21,22f; 3Mo 24,20; Dan 6,24). Der durch ungehinderte Sonneneinstrahlung auf den unbedeckten Kopf ausgelöste Sonnenstich wird in Psalm 121,6 erwähnt. Durch Schläge mit Ruten, Stöcken oder Geißeln werden Striemen und Wunden hervorgerufen (Jes 1,6; Apg 16,33). Stummheit wird im Neuen Testament auf Taubheit (Mk 7,32-37) oder auf dämonischen Einfluss zurückgeführt (Mt 9,32f.; 15,30f; Mk 9,17.25; Lk 11,14). Schwerhörigkeit und Taubheit sind angeboren oder treten infolge von Ohrenentzündungen und Alter auf (Mt 11,5; Lk 7,22).

Verrückte (Wahnsinnige) fallen vor allem durch ihr sonderbares Benehmen auf (2Kön 9,20). David simuliert Wahnsinn, indem er tobt, mit dem Körper wild gegen ein Tor stößt und Speichel in seinen Bart laufen lässt (l Sam 21,14ff.; Ps 34,1). Nebukadnezar verhält sich im Wahn wie ein Tier (Dan 4). Andere Wahnsinnige fallen mit ihren Waffen unberechenbar über ihre Mitmenschen her (Spr 26,18). Einige in der Bibel beschriebene Personen leiden unter „verdorrten Gliedmaßen“. Mit dieser Diagnose wird die vorübergehende Lähmung der Hand Jerobeams (1Kön 13,4-6) ebenso beschrieben wie die epilepsieähnliche Erstarrung des Körpers (Mk 9,18) oder eine lang andauernde Lähmung, die mit allmählichem Muskelschwund einhergeht (Sach 11,17; Mt 12,10). Die Verkrümmung des ganzen Menschen wird in der Bibel als Krankheit (Lk 13,11) oder als Folge des Alterungsprozesses beschrieben (Pred 12,3). Als Krüppel werden Menschen bezeichnet, die von Geburt an oder infolge von Krankheit und Unfall ihre Glieder nicht mehr normal gebrauchen können (Mt 15,30f; 18,8; Mk 9,43; Lk 14,13.21).

Im Zusammenhang mit Erkrankungen von Herz, Leber oder Lunge können sich wässrige Flüssigkeiten im Gewebe (Ödem) oder in der Bauchhöhle ansammeln. Dieses Krankheitsbild wird in der Bibel „Wassersucht“ genannt (2Chr 16,12; Lk 14,2).

Die Bibel beschränkt sich nicht nur auf die Beschreibung der Krankheit.

Wunden können dem eigentlichen Sinn nach entweder blutige Verletzungen (2Mo 21,25; 2Kön 9,15; Jes 53,5) oder seelische Schädigungen (Ps 38,6; Jes 1,6; Jer 15,18; 30,12) bezeichnen. Auf eine nicht näher bestimmbare Wurmerkrankung deutet der Hinweis, dass Herodes bei lebendigem Leib von Würmern zerfressen wurde (Apg 12,23). Die – gemessen an ihrer Zeit – umfassende Auseinandersetzung der Bibel mit körperlichen und seelischen Krankheiten beschränkt sich nicht nur auf ihre bloße Beschreibung, sondern versucht sie in ihr ganzheitliches Weltbild zu integrieren.

2. Wertung der Medizin

Der Einsatz von Medikamenten und anderen medizinischen Therapien wird in der Bibel zumeist positiv gewertet. Kritische Kommentare zur ärztlichen Hilfe finden sich immer dann, wenn Gott einen Menschen durch Krankheit zur Umkehr rufen will, der Betreffende aber statt auf Gott zu hören lieber Ärzte konsultiert.

Ärzte und Medizin werden in der Bibel immer wieder in neutralem oder positivem Zusammenhang genannt. So finden sich Hinweise auf ägyptische (1Mo 50,2) und römisch-griechische Medizin (Mk 5,26; Lk 8,43). In Israel wurden Heilkundige für ihre Arbeit bezahlt (2Mo 21,19). Außer Ärzten werden auch die medizinischen Berufe der Hebamme (1Mo 35,17; 38,28; 2Mo 1,19) und des Salbenbereiters (1Mo 50,2; 2Chr 16,14; Offb 3,18) erwähnt. Lukas, der Begleiter des Paulus, war vermutlich Arzt (Kol 4,14). Sogar Gott (2Mo 15,26) und Jesus Christus (Mt 9,12) identifizieren sich mit der Funktion des Mediziners und bezeichnen sich selber als Inbegriff des Arztes: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ (2Mo 15,26).

Die Medizin an sich wird in der Bibel nie kritisiert, nur die falschen Hoffnungen auf sie

Eigentlich wird die Medizin an sich nie kritisiert, nur der falsche Umgang mit ihr, bzw. die falschen Hoffnungen, die in sie gesetzt werden, wenn Menschen von Ärzten erwarten, was nur Gott ihnen geben kann. Ahasja, der sich in seiner Krankheit an ein heidnisches Orakel statt an Gott wendet (2Kön l ,6) und Asa, der alle ihm zugänglichen Ärzte konsultiert, statt Heilung und Vergebung bei Gott zu suchen (2Chr 16,12), finden schließlich keine Hilfe und sterben. Hiob erkennt den geistlichen Hintergrund seiner Leiden und bezeichnet seine Freunde vor diesem Hintergrund als „unnütze Ärzte“ (Hiob 13,4). Israel, das aufgrund seiner gottlosen Lebensweise leidet, kann durch menschliche Medizin allein nicht geheilt werden (Jes 3,7; Jer 8,22). In Diskussionen mit den Einwohnern von Nazareth erinnert Jesus an ein Sprichwort, nach dem sich der Arzt zum Nachweis seiner Fähigkeit zuerst selber heilen soll (Lk 4,23).

Obwohl die Bibel nicht in erster Linie medizinische Bildung vermitteln will, werden auch positive Beispiele damaliger Therapien genannt. Wunden wurden ausgedrückt, gereinigt und verbunden (Jes 1,6; 30,26). Erwähnt wird auch das Desinfizieren (mit Wein) und Verschließen (mit Öl) offener Wunden durch den barmherzigen Samariter (Lk 10,34). Andere Erkrankungen (z.B. der Haut) wurden mit Salben und Balsam behandelt (Jer 8,22; 46,11). Besonders genannt wird Augensalbe (Offb 3,18). Knochenbrüche werden verbunden und geschient (Hes 30,21). Angesprochene pflanzliche Heilmittel sind Feigen bei Geschwüren (Jes 38,21) und die Früchte der Mandaragora (Liebesäpfel), die gegen Unfruchtbarkeit helfen sollten (1Mo 30,14). In anderen Fällen wurden aus Blättern erstellte Arzneimittel verabreicht (Hes 47,12). Mit Myrre vermischter Wein diente der Schmerzbekämpfung (Mk 15,23).

Paulus rät Timotheus zur Behandlung seiner nicht näher beschriebenen Magenerkrankung regelmäßig Wein zu trinken (1Tim 5,23). Bei psychischen Krankheiten versprach man sich von der Musik heilende Wirkung (1Sam 16,16). Auch der freundliche Zuspruch kann in solchen Fällen weiterhelfen (Spr 16,24). Gewalttätige Geisteskranke und Besessene wurden gebunden, um sie daran zu hindern, sich und anderen Menschen Schaden zuzufügen (Dan 4,12. 20; Mk 5,3f; Lk 8,29). Auch wenn diese in der Bibel genannten medizinischen Informationen heute nicht unmittelbar angewandt werden können, lässt ihre Erwähnung Rückschlüsse auf den geistlich korrekten Umgang des Christen mit der Medizin der Gegenwart zu.

Demnach ist für den Gläubigen die Nutzung der Medizin seiner Zeit erlaubt, möglicherweise sogar empfehlenswert, sofern diese nicht in direkter Konkurrenz zu Gott steht oder Krankheiten beheben will, die auf individuelle Sünde des Menschen oder Erziehungsmaßnahmen Gottes (Hebr 12,5ff.) zurückzuführen ist.

3. Krankheitsursachen

Alles spricht dafür, dass es in der ursprünglich von Gott konzipierten Welt keine Krankheit gegeben hat. Die meisten Krankheiten beruhen auf Mängelfunktionen des Körpers, doch war der ursprüngliche Mensch perfekt, ohne jeden Fehler (1Mo 1,31). Viele Krankheiten führen unbehandelt zum Tod, in der ursprünglichen Schöpfung aber gab es keinen Tod (1Mo 2,17; 3,14ff.; Rom 5,12ff.). Auch in dem von der Bibel angekündigten und von Christen erwarteten Reich Gottes kommen Krankheit, Leiden und Tod zu ihrem Ende (Offb 21,4). Hier wird wieder ein Zustand erreicht, wie er ursprünglich von Gott gedacht und geschaffen worden war.

Für Christen besteht die entscheidende Beziehung des Lebens im Verhältnis zu Gott. Gesund ist der Mensch letztlich nur, wenn die Beziehung zu Gott heil ist (Lk 17,11ff.). Gesundheit ist – wie das Leben überhaupt – Gabe Gottes. Krankheit ist Ausdruck davon, dass das Verhältnis zwischen Schöpfer und Geschöpf gestört ist (1Mo 3,1ff.). Der Gläubige erlebt Krankheit deshalb nicht nur als Schmerz und Bedrohung des Lebens, sondern auch als Infragestellung des Gottesverhältnisses (Ps 22; 42; 77; 88; Jes 38,1). In Gebeten sprechen die Kranken nicht nur über ihre körperlichen Qualen und Leiden, sondern ebenso über ihre Gottverlassenheit. Auch körperliche Störungen haben ihre Wurzel im gestörten Gottesverhältnis.

In der gegenwärtigen, sich gottlos gebenden Welt, kann Krankheit sowohl von Gott (5Mo 28,59ff.; 32,39; 2Sam 12,15; Apg 12,23; 2Kor 12,7) als auch vom Teufel (Hiob 2,6f; Lk 9,39; 13,16) verursacht werden.

3.1 Universale Sünde

Irgendwann werden alle Menschen sterben und das zumeist an Erkrankungen des Herz- Kreislaufsystems, Krebs oder Infektionen. Der irdische Tod aber auch die Begrenzung des menschlichen Lebens auf 70 bis 80 Jahre, sind Folgen der Sünde (Ps 90,10). Zwar stehen dahinter nicht unbedingt die individuellen Sünden des heute von Krankheit und Tod betroffenen Menschen, wohl aber die Sünde Adams und die Sünden der Zeitgenossen Noahs. Deren Fehlverhalten ist nach biblischer Information der Ausgangspunkt des gegenwärtigen, unvollkommenen Zustands der Schöpfung (1Mo 2,17; Röm 5,12ff.).

Infolge der paradiesischen Sünde wurden die Umweltbedingungen, die Lebenslänge und die genetische Ausstattung des Menschen verändert (z. B. 1Mo 3,14-24). Lebte der Mensch ursprünglich mit Tieren und Pflanzen in vollkommener Harmonie, sind sie seit dem Sündenfall seine Konkurrenten um die für das Überleben notwendigen Ressourcen der Natur. Dabei schädigen Raubtiere und Bakterien, Schimmelpilze und Bandwürmer das Leben des Menschen, sodass dieser von Krankheiten und körperlichen Verletzungen betroffen wird.

Die genetisch bedingte Lebensverkürzung ist die Ursache für die mit zunehmendem Alter verlangsamte Regeneration des eigenen Körpers. Das wiederum führt zu einer schleichenden Alterung, die uns in Form von Krankheiten begegnet (Haarausfall, Arteriosklerose, zurückgehendes Muskelgewebe usw.). Darüber hinaus wurde das ehemals perfekte Erbgut des Menschen dem freien Spiel der Naturkräfte überlassen. Durch Strahlung, mechanische und chemische Einflüsse entstanden und entstehen zahlreiche Mutationen, die zumeist Krankheiten hervorrufen, von denen Menschen bis heute betroffen sind (Sehfehler, Missbildungen an inneren Organen, Bluterkrankheit usw.).

Diese Krankheiten haben zwar auch ihren Ursprung in der Sünde, nicht aber unbedingt in der des heute von ihr betroffenen Menschen. Vielmehr sind sie notwendige Begleiterscheinungen der von Gott getrennt existierenden Schöpfung.

3.2 Individuelle Sünde

Gott straft einzelne Menschen für ihre Überschreitung seiner Ordnungen (3Mo 26,14ff.; 2Chr 21,12ff.; 1Kor 11,30; 1Petr 3,10). Ungehorsam des Menschen Gott gegenüber kann Krankheit nach sich ziehen (5Mo 28,21ff.35.58-61). Eigene Ausschweifungen und Jugendsünden können eine Ursache für Krankheit darstellen (Hiob 20,11; Hos 7,5). Beispiele dafür lassen sich zahlreich im Alten und Neuen Testament finden. Miriam bekommt Aussatz, weil sie ungerechtfertigt gegen ihren Bruder Mose revoltiert (4Mo 12,10). Saul fällt in zeitweilige Depression und gewalttätigen Wahnsinn (1Sam 16,14ff.), weil er gegen den direkten Befehl Gottes handelt und an der Stelle eines Priesters opfert (1Sam 13,9ff.) und aus Gewinnsucht den Besitz der Feinde an sich nahm (1Sam 15,9ff.). Gehasi, der Mitarbeiter Elisas, erkrankt, weil er Naeman, den Patienten seines Lehrers belügt und ungerechtfertigt dessen Geld an sich nimmt (2Kön 5,1-27). Hananias und Saphira sterben an einem Hirnschlag oder Herzinfarkt weil sie die Gemeindeleitung von Jerusalem wissentlich belügen (Apg 5,1-11). Christen aus Korinth sind erkrankt, weil sie nicht zwischen dem Abendmahl und ihren normalen Mahlzeiten unterschieden haben (1Kor 11,27-34). Da Krankheit auf individuelle Sünde zurückgehen kann, ermahnt Jakobus die Christen zuerst die Sünden zu bekennen und dann andere Wege der Heilung zu suchen (Jak 5,16). In der Bibel finden sich allerdings nicht nur Beispiele von Menschen die aufgrund eigener Schuld von Krankheit betroffen sind, sondern auch Fromme, die schuldlos leiden (Hiob; Lk 13,2ff.; Joh 9,2ff.; 11,4).

3.3 Fremde Sünde

Immer wieder werden, insbesondere im Alten Testament, Beispiele dafür genannt, wie Menschen wegen der Sünde ihrer Volks- oder Familienangehörigen mitleiden (2Mo 20,5; 2Kön 5,27). Manchmal, wie im Fall Achans, der illegal Beutestücke für sich behält (Jos 7; 22,20) oder der Hartherzigkeit des Pharaos, der trotz mehrfacher Aufforderung Israel nicht aus der Sklaverei entlässt (2Mo 9,1ff.8ff.), leidet sogar das ganze Volk aufgrund der Sünde eines Einzelnen (vgl. Jes l,lff.). Auch im Neuen Testament finden sich Beispiele für die negativen Auswirkungen von Sünde im direkten Lebensumfeld des Schuldigen (Mt 11,21ff.; Lk 19,41-44). Sicher empfinden manche das als ungerecht, doch machen die negativen Folgen der Sünde auch losgelöst von Gott kaum einen Unterschied zwischen schuldig und unschuldig. So mussten unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges sowohl Nazis wie auch deutsche Widerständler leiden. Die atomaren Strahlen von Tschernobyl kennen ebenfalls keinen Unterschied zwischen schuldigen Angestellten des Kernkraftwerkes und unschuldigen Anwohnern. Im Alten Testament finden sich aber auch Beispiele dafür, dass ganze Völker mit Leid und Krankheit von Gott gestraft werden, weil der überwiegende Teil ihrer Bevölkerung sich gegen Gott gestellt hat (Hes 14,19ff.; Jer 21,6). Außerdem erwähnt die Bibel negative Folgen sündigen Verhaltens bei Kindern und Enkeln, in Folge eines direkten strafenden Eingriffs Gottes oder einer belastenden Ausgangsposition durch Verschwendungssucht oder Alkoholismus ihrer Eltern (1Kön 11,11; 1Sam 15,26; Jer 29,32; 36,31; Am 7,17).

Manchmal straft Gott nicht nur aufgrund persönlicher Sünde mit Krankheit oder Tod, sondern statuiert ein abschreckendes Exempel, um die anwesenden Beobachter rechtzeitig davor zu warnen, seine Ordnungen zu überschreiten. Die oft als unverhältnismäßig streng empfundene Strafe richtet sich also nicht nur gegen die eigene Sünde, sondern auch gegen die potentiell zu erwartende Sünden im Umfeld des Betreffenden. Diese Interpretation liegt überall da nahe, wo die Krankheit in besonderer Weise pädagogisch hervorgehoben und wo die Strafe von Gott öffentlich, vor Publikum ausgesprochen und vollzogen wird. Als typisches Beispiel kann sicher die Bestrafung von Hananias und Saphira angesehen werden (Apg 5,1ff.); ebenso auch Gottes Urteil über Achan (Jos 7,25).

Häufig leiden Menschen unter dem bewusst sündigen Handeln ihrer Zeitgenossen. Weintrinker erkranken, weil der Händler seinem Erzeugnis billigen Methanolalkohol beigemischt hat. Eine Frau stirbt, weil ihr HIV-positiver Freund seine Erkrankung bewusst verschwiegen hat. Ein Autofahrer liegt wochenlang wegen eines Beckenbruchs im Krankenhaus, weil ein Betrunkener mit dessen Fahrzeug kollidiert ist. In all den genannten Beispielen haben Menschen die ihnen von Gott gegebene Freiheit benutzt, um anderen zu schaden.

Wieder könnte man fragen, warum Gott nicht verhindert, dass Menschen unter dem falschen Verhalten eines anderen leiden müssen. Das hängt damit zusammen, dass Gott keinen Menschen zwingen will, mit ihm und nach seinen Ordnungen zu leben. Gott will eine freiwillige Liebesbeziehung zu jedem Menschen. Nur die Möglichkeit, diese Freiheit auch wirklich zu missbrauchen, eröffnet auf der anderen Seite die Chance einer echten, ungezwungenen Gottesbeziehung.

Natürlich könnte Gott den Menschen falsche Entscheidungen treffen lassen, deren Ausführung aber verhindern, sofern sie anderen Schaden zufügen. Dann allerdings wäre jede echte Entscheidungsmöglichkeit hinfällig, denn wer wollte noch einen Kollegen belügen, wenn die Falschaussage im Hals stecken bleibt oder wer würde sich entscheiden, seinen ungeliebten Nachbarn zu verprügeln, wenn die erhobene Hand wie gelähmt in der Luft erstarren würde. Da Gott es mit der Freiwilligkeit ernst meint, nimmt er in Kauf, dass manchmal auch „Unschuldige“ unter sündigen Entscheidungen ihrer Mitmenschen zu leiden haben, bis hin zu Verletzungen, Krankheit und Tod. Als biblische Beispiele können die vergewaltigte Frau des Leviten (Ri 19) oder der verwundete Mann herangezogen werden, der vom barmherzigen Samariter medizinisch versorgt wird (Lk 10,25ff.).

3.4 Teuflische Absichten

Der Satan benutzt biblischem Zeugnis entsprechend Krankheit, um Menschen von Gott wegzuziehen, sie verbittert und missgünstig Gott gegenüber zu machen (Hiob 2,7; Lk 13,16; Hebr 2,14). Diese Aktivität des Teufels ist unabhängig vom sündigen oder nichtsündigen Handeln des betroffenen Menschen. Zuweilen entsteht sogar der Eindruck, als konzentriere sich der Gegenspieler Gottes insbesondere auf vorbildliche Gläubige, um sie zu Fall zu bringen (Hiob 1,1.8ff.; 2,3; Lk 22,31; 1Petr 5,8). Allerdings scheinen durch den Teufel verursachte Krankheiten unter göttlicher Genehmigungspflicht zu stehen und deshalb zeitlich eng beschränkt zu sein (Hiob 1,1.8.12; 2,6f; Mt 24,21f.). Manchmal taucht Krankheit in biblischer Diagnostik auch als Nebeneffekt von dämonischer Besessenheit auf. Besessene sind stumm (Mt 9,32; Mk 9,17), blind (Mt 12,22), entwickeln eine krankhafte Aggressivität (Mk 5,1-20), schreien, wälzen sich auf der Erde oder bekommen Schaum vor dem Mund (Mk 9,18f; Lk 9,37ff.).

Die in der Bibel beschriebenen Beispiele zeigen deutlich, dass alle Krankheitssymptome sofort verschwinden, wenn der Dämon den Menschen verlassen und er sich Gott gegenüber geöffnet hat (Lk 11,20ff.). Materialistisch-medizinische Therapien müssen bei diesen Erkrankungen allerdings erfolglos bleiben. Scheinbar ist es auch möglich, dass Krankheiten durch Zauberei und Magie hervorgerufen werden können. Hier geht die Aktivität nicht direkt vom Teufel aus, sondern von einem missgünstigen Zeitgenossen, der seinem Mitmenschen Schaden zufügen will. Da er dazu selbst nur bedingt in der Lage ist, macht er sich die Hilfe des Satans zunutze (2Mo 7,22; 8,3; 4Mo 22,6; 5Mo 18,10; Mt 24,24; 2Thess 2,9).

3.5 Prüfung Gottes

Gelegentlich werden Leid und Krankheit in der Bibel auch als göttliche Prüfung gedeutet (Hiob 32-37; Spr 3,1ff.; Hebr 12,5; Jak 1,2f.). In diesem Fall ist ihre Absicht nicht, den Menschen in Verzweiflung zu stürzen oder von Gott weg zu bringen, sondern echtes von falschem geistlichem Wachstum zu unterscheiden. Paulus und Jakobus fordern den Christen sogar auf, sich über Anfechtungen und Bedrängnis – zu denen auch Krankheit gehören kann – zu freuen, weil sie Standhaftigkeit, Hoffnung und Echtheit fördern (Röm 5,3ff.; Jak 1,2ff.). Petrus verweist auf die relative Kürze allen irdischen Leides und ermutigt, Krankheit zu ertragen, wenn sie eine göttliche Prüfung ist, weil das dadurch erprobte Vertrauen bei Gott mit „Lob, Ehre und Herrlichkeit“ belohnt würde (1Petr 1,6ff.;4,19).

3.6 Verherrlichung Gottes

Dass für Gott nicht nur der einzelne Mensch mit seinem zeitlich begrenzten Leiden im Mittelpunkt steht, zeigt sich unter anderem daran, dass er die Krankheit mancher Menschen lediglich deshalb zulässt, um sich zu verherrlichen. Im biblischen Kontext gibt es wichtigere Ziele als die Abwesenheit von Krankheit und Leiden, so beispielsweise Gerechtigkeit, Heiligkeit oder die Herrlichkeit Gottes.

Als die Jünger einem Mann begegnen, der von Geburt an blind war, beginnen die Jünger über die möglichen Ursachen der Krankheit zu spekulieren. Nachdem Jesus ihnen erklärt, dass dieser Blinde nur deshalb krank ist, damit Gott jetzt an ihm seine Allmacht demonstrieren kann, heilt er den Mann (Joh 9,1-7). Als Jesus einige Zeit darauf zum sterbenskranken Lazarus gerufen wird antwortet er ganz ähnlich:

„Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen, damit der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werde“ (Joh 11,4.40).

Scheinbar müssen Christen auch mit Krankheiten rechnen, die eine Zeit lang ertragen werden sollen, damit Gott sich zu dem von ihm anvisierten Zeitpunkt durch eine Heilung verherrlicht (vgl. 1Petr 4,11ff.).

3.7 Pädagogische Absicht

Wie der Klaps auf die Finger das Kleinkind davon abhalten soll, sich am Elektroherd zu verbrennen, so scheint auch Gott gelegentlich zu agieren, um Menschen vor eigenen Schwächen und Fehlern zu schützen, um sie davon abzuhalten, falsche Entscheidungen zu treffen oder um durch eine gewisse Portion Leid wertvolle Eigenschaften wie Geduld, Vertrauen und Mitgefühl zu fördern, die ansonsten vernachlässigt würden (2Kor 4,17; 1Petr 1,7; 5,10). Insbesondere kann das Leiden helfen, sich stärker mit Jesus zu identifizieren und die Sehnsucht nach seiner Wiederkunft zu erhöhen (Apg 5,41; Phil 3,10; Hebr 10,34; 1Petr 1,13). Dass Gott auch durch Leid und Krankheit erzieht, wird in der Bibel immer wieder erwähnt. Obwohl diese Erziehungsmaßnahmen wehtun können, wird der Glaubende aufgefordert, sich über das Handeln Gottes zu freuen, beweist es ihm doch, wie viel Gott an ihm liegt:

„Siehe, glücklich ist der Mensch, den Gott zurechtweist! So verwirf denn nicht die Züchtigung des Allmächtigen!“ (Hiob 5,17; vgl. 5Mo 8,5; Ps 94,12; Spr 3,11-12; Hebr 12,5f.11)

Im Neuen Testament finden sich einzelne Beispiele von Gottes pädagogischem Handeln durch Krankheit. Das bekannteste von ihnen ist wahrscheinlich Paulus, der Gott drei Mal bittet, eine nicht näher beschriebene Krankheit von ihm zu nehmen. Nachdem das nicht geschieht, zeigt Gott Paulus, dass dieses Leiden ihn vor Überheblichkeit bewahren soll (2Kor 12,7ff.). Jünger erkennen am Beispiel eines Blinden, dass Krankheit nicht immer durch Sünde verursacht ist (Joh 9,1-7). Menschen lernen vom Hauptmann von Kapernaum, wie sich echtes Gottvertrauen angesichts aussichtsloser Krankheit äußert:

„Ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so großen Glauben gefunden“ (Lk 7,9).

Die pädagogische Absicht, die Gott mit Krankheit verfolgt, kann sich also manchmal auf den Erkrankten selbst, manchmal aber auch auf die ihn umgebenden Menschen beziehen. So können Christen, die in ihrer Krankheit auf Gott vertrauen und sich von ihm gebrauchen lassen, anderen Gesunden eine Ermutigung und Herausforderung sein.

3.8 Warnung vor Schaden

Eine besondere Form des erzieherischen Einsatzes von Krankheit ist die Warnung vor größerem Schaden. In diesem Zusammenhang geht es weniger um das Training positiver Eigenschaften, als vielmehr um die Verhinderung zukünftiger Probleme.

In Gottes Augen ist die als schlimm empfundene Krankheit im Vergleich zu dem erwarteten Schaden das geringere Übel

Der Mensch soll durch eine Krankheit gezwungen werden, nachzudenken oder durch seine Schwächung außerstande sein, weitere falsche Handlungen zu unternehmen. In Gottes Augen ist die als schlimm empfundene Krankheit im Vergleich zu dem erwarteten Schaden das geringere Übel. Gott wartet hier nicht erst, bis der Mensch einen Fehler begangen hat, um ihn nachher zu bestrafen. Er versucht ihn schon im Vorfeld seiner Tat davon abzuhalten – manchmal allerdings auch erst, nachdem der Betreffende schon mit seinem negativen Vorhaben begonnen hat.

Gott kann eine Grippe dazu benutzen, um dem umtriebigen Manager eine Ruhepause zu verschaffen, ehe sein gestresstes Herz endgültig den Dienst aufgibt oder ehe er seine Familie und Gemeinde unwiederbringlich schädigt. Gott kann auch den Jugendlichen nach durchzechter Nacht durch einen schweren Kater davor warnen, zu einem gewohnheitsmäßigen Trinker zu werden.

Die Bibel erwähnt Jona, den Gott durch Todesangst und Seekrankheit davor warnen will, sich weiterhin seinem Auftrag zu widersetzen (Jona 1). Als König Asa von Juda immer mehr auf sein diplomatisches Geschick als auf Gottes Führung zu vertrauen beginnt, warnt Gott ihn erst durch den Propheten Hanani und dann durch eine Fußkrankheit. Nachdem Asa weder auf die eine noch auf die andere Ermahnung hört, sondern beide mit menschlichen Mitteln zu bewältigen versucht, lässt Gott ihn sterben (2Chr 16,1-13). Möglicherweise ist auch die Blindheit, die Paulus nach seiner Begegnung mit Jesus vor Damaskus erleidet eine solche Warnung Gottes, die ihn hindern soll, noch mehr Christen zu verfolgen und zu quälen (Apg 9,1-19; 22,1-13).

Gott kann auch durch die Krankheit eines anderen den Menschen ansprechen, den er warnen will. Beispiele dafür sind der Pharao, der durch die Krankheiten seiner Bevölkerung gewarnt wird (2Mo 9,8ff.; 12,29ff.), sich weiterhin gegen den Willen Gottes zu stellen, oder der Tod des Hananias, der die Gläubigen Jerusalems warnen soll, Frömmigkeit und Hingabe nicht nur zu heucheln (Apg 5,1-11).

3.9 Bedeutung und Grenzen verschiedener Kategorien von Krankheitsursachen

Die genannten Kategorien geben natürlich nur exemplarisch Auskunft über die wahren, biblischen Hintergründe von Leid und Krankheit. In einem konkreten Fall mischen sich zumeist verschiedene Krankheitsursachen und lassen sich nicht eindeutig voneinander unterscheiden. So kann das Leiden aufgrund der Sünde anderer Menschen gleichzeitig auf eigenes Versagen hinweisen oder bei seiner Überwindung Gott verherrlichen oder im Ertragen desselben einem pädagogischen Ziel dienen. Manchmal sind die hier unterschiedenen Krankheitsursachen auch nur zwei Seiten einer Medaille. So beschreibt dann die eine Zuordnung stärker den Anlass und eine andere die Absicht, die mit der Krankheit verbunden ist.

Schlussendlich aber sind alle genannten Krankheitsursachen und -zwecke definitiv zeitlich befristet. In der erneuerten Schöpfung, dem zukünftigen Reich Gottes, haben Leid, Tod und Krankheit keinen Platz mehr (Ps 103,3; Jes 33.24; 65,17ff.; Offb 21,1ff.). In der verbleibenden Zwischenzeit dienen sie der Liebe Gottes, die den von ihm entfernten Menschen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in die ganzheitliche Gemeinschaft mit seinem Schöpfer zurückführen will.

Für den Kranken der gegenwärtigen, irdischen Welt ist es von Bedeutung, den Hintergrund des eigenen Leidens zu erkennen. Nur dann nämlich kann er richtig darauf reagieren und so der eigentlichen Absicht Jahwes entsprechend zu einer vertieften Gottesbeziehung kommen – ganz gleich, ob die Krankheit in diesem Prozess verschwindet oder mit dem Beistand des himmlischen Vaters bewältigt werden kann. Von einer garantierten Krankheitslosigkeit, wie sie gelegentlich fälschlich in die Prophetie von Jesaja 53,4f. hineingelesen wird, weiß die Bibel nichts. („Jedoch unsere Leiden – er hat sie getragen, und unsere Schmerzen – er hat sie auf sich geladen … Die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“)

Natürlich heilt Gott im Alten wie im Neuen Testament von Fall zu Fall. Insbesondere in den Evangelien häufen sich diese übernatürlichen Heilungen an Glaubenden und Nichtglaubenden (Frommen und Gleichgültigen), um die Gegenwart Gottes in seinem Sohn Jesus Christus augenscheinlich zu machen (Lk 7,20-23). Abgesehen davon wird den Christen im Neuen Testament an keiner Stelle Krankheits- oder Leidenslosigkeit zugesagt. Im Gegensatz dazu wird uns von dem relativ kurzen Leben der Apostel und von den Krankheiten ihrer durchaus frommen Mitarbeiter berichtet (z. B. 1Tim 5,23; 2Tim 4,20). Die in Jesaja 53,4f angekündigte Leidensfreiheit hingegen wird für die Zeit des Reiches Gottes angekündigt (Offb 21,1-4).