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Mit freundlicher Genehmigung des Betanien-Verlags drucken wir hier einige Auszüge aus „Die verlorene Kunst des Jüngermachens“ von LeRoy Eims, 3. Auflage 2023, ab. Die Redaktion

Der Befehl Jesu lautete, Menschen zu Jüngern zu machen (Mt 28,19). Das ist ein bedeutender Schritt weiter als die bloße Ermahnung, selber Jünger zu werden. Wenn wir gemäß Gottes wunderbaren Plan handeln wollen, müssen wir Menschen helfen, zu Jüngern zu werden. Das zu unterlassen bedeutet, die Genialität des Auftrags Jesu nicht begriffen zu haben.

Ich möchte fragen: „Wenn du jemanden zu Christus geführt hast, bist du dann glücklich?“ – Natürlich. Du bist begeistert, wie alle anderen unmittelbar Betroffenen – die Person selbst und Gottes Engel im Himmel. Doch bist du zufrieden? – Nein, du solltest nicht zufrieden sein. Jesus befahl uns mehr, als nur Menschen zur Bekehrung zu führen. Er trug uns auf, Jünger zu machen. Darum musst du an demjenigen, den du zu Christus geführt hast, „dranbleiben“ und ihm helfen zu wachsen, bis er selber zu denen gehört, die eifrig und effektiv an der Sache des Herrn arbeiten. Dann wird man ihn als einen reifen, hingegebenen, fruchtbaren Nachfolger Jesu Christi sehen.

Freust du dich nun, dass der Gläubige ein Jünger geworden ist? – Natürlich. Doch bist du zufrieden? – Nein, solange er nicht selber, dauerhaft und ernstlich daran interessiert ist, anderen zu helfen, ebenso zu Jüngern zu werden. Erst dann ist er bereit zum nächsten Schritt in dem Prozess, wie Gott ihn in seinem Reich einsetzen kann: Er ist bereit, ein Arbeiter zu werden.

Doch es gibt auch solche, die nie dieses Stadium erreichen. Sie sind echte Jünger Jesu Christi. Sie bekennen sich öffentlich zum Herrn. Sie leben in Gemeinschaft mit ihm durch das Lesen im Wort und das Gebet. Die Früchte des Geistes werden an ihnen sichtbar (Gal 5,22-23), und sie leisten ihren einzigartigen Beitrag am Leib Christi. Sie unterrichten in der Sonntagschule. Sie bringen sich in verschiedenen Gremien und Gruppen ein. Sie bereichern diese nicht allein durch ihr Wissen über und ihr Engagement, sondern durch ihr gottesfürchtiges Leben und ihren geistlichen Tiefgang. Doch anscheinend fehlt ihnen die Gabe und Berufung, persönlich und aktiv mit anderen zu arbeiten, um sie zu Jüngern zu machen. Es wäre falsch zu versuchen, sie weiter in diese Richtung zu drängen. Sind sie Jünger? Ja! Sind sie Arbeiter, die selbst andere zu Jüngern machen? Nein! Es kann schlimmer Schaden angerichtet werden, wenn übereifrige Lehrmeister versuchen, Leute zu weit zu drängen und sie jenseits ihrer Begabung und Berufung durch Gott zu führen.

Aus der Schrift sehen wir, dass die Sache Jesu ein großes Spektrum verschiedenartiger Mitarbeiter umfasst. Worauf wir in diesem Kapitel und in den nächsten beiden abzielen, hat mit besonderen Arbeitern zu tun. Als Jesus feststellte, dass es nur wenige Arbeiter gibt (Mt 9,37), sprach er von solchen Arbeitern, die direkt an der Ernte beteiligt sind. Von diesen Erntearbeitern sprach Jesus, als er sagte, dass es wenige Arbeiter gibt. Im Reich Gottes sind das die Arbeiter, die direkt in diesem besonderen Dienst stehen, Seelen für Jesus Christus zu ernten, und diesen zu helfen, ebenso in der Ernte mitzuarbeiten. Das soll weder die Arbeit der anderen Jünger Jesu abwerten, noch sie zu Bürgern zweiter Klasse erniedrigen. Auch

die Finanzen der Gemeinde müssen ordentlich verwaltet werden. In der Sonntagsschule werden dringend Mitarbeiter benötigt. Andere Arbeiter in der Gemeinde erledigen treu ihre Aufgaben.

Keine Frage: Die Arbeit derer, die lehren, in Gremien tätig sind, und sich um eine Unzahl anderer Gemeindearbeiten kümmern, ist von ebenso großem Wert. Aber hier geht es speziell um die Sorte von Arbeitern, die Jesus erwähnt (Mt 9,37): Um auf Männer und Frauen, die inbrünstige Zeugen Jesu Christi und weise Bauarbeiter im Leben anderer sind. In diesem Sinn werden wir den Begriff „Arbeiter“ gebrauchen.

A. Eigenschaften eines potentiellen Arbeiters

Wer zu dieser Aufgabe berufen ist, andere zu Jüngern zu machen, braucht weitere Unterweisung, um für den Dienst ausgerüstet zu werden, zu dem Christus ihn berufen, und den er ihm aufs Herz gelegt hat. Solche Christen haben eine Vision für die Multiplikation von Jüngern und wirken begeistert an dieser Sache mit. Sie haben ein Herz für Menschen und wollen unbedingt ihr Leben dafür einsetzen, ihnen zu helfen. Darum muss ihnen das nötige „Know-how“ beigebracht werden.

Ein Anliegen für Multiplikation.

Wenn sich jemand nicht wirklich bewusst ist, welche Kraft in der Multiplikation von Jüngern verborgen liegt, wird er nie mit einem anderen durch dick und dünn gehen. „Ihn verkündigen wir, indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen in aller Weisheit lehren, um jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen; wozu ich mich auch bemühe und kämpfend ringe gemäß seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft“ (Kol 1,28-29).

Ein Experiment verdeutlicht die einschlägige Kraft der Multiplikation: Wenn ein Stück Dünndruckpapier, so dünn wie eine Seite der Bibel, fünfzig Mal gefaltet werden könnte, wie dick wäre es dann? Der Computer gab eine erstaunliche Antwort – es wäre fast 30 Millionen Kilometer hoch. Um das irgendwie in ein für uns greifbares Verhältnis zu setzen, können wir den Vergleich heranziehen, dass der Mond etwa nur 385.000 km von uns entfernt ist.

Auch im geistlichen Bereich ist Multiplikation möglich, wie Paulus Timotheus schrieb: „Was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Menschen an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren!“ (2Tim 2,2). Paulus, Timotheus, treue Menschen, andere – dies ist Multiplikation auf geistlichem Gebiet. Wenn jemand einen Jünger hervorgebracht hat, hat er sich als Jünger reproduziert. Er ist ein Arbeiter geworden. Wenn jemand einen Arbeiter herangebildet hat, hat er sowohl weitere Jünger hervorgebracht, als auch sich selbst als Arbeiter reproduziert. Die Multiplikation auf geistlichem Gebiet bringt sowohl Jünger als auch Arbeiter hervor.

Ein Anliegen für Menschen.

Neben einem Anliegen für diese Art der Multiplikation muss der angehende Arbeiter ein Anliegen für Menschen haben. Er muss fähig sein, bei anderen das Potenzial zu sehen, das Gottes ihnen gegeben hat.

B. Das Prinzip, am Leben des anderen teilzuhaben

Jesus kam in diese Welt, um sich um sein Volk zu kümmern. Und während der gemeinsamen Zeit mit seinen Jüngern bildete er sie aus. Von daher ergibt sich folgender Grundsatz: Ohne persönliche Anteilnahme

kein wirkliches Training. Um die Bedürfnisse unseres Schützlings zu treffen, müssen wir ihn kennen und eine Beziehung zu ihm haben.

C. Eignungskriterien eines potentiellen Arbeiters

An diesem Punkt deiner Beziehung zu einem Menschen bist du schon viel weiter als das, was in einer Gruppe und durch die Weitergabe allgemeiner Ratschläge für geistliche Gesundheit erreicht werden kann. Weil nun der Zeitfaktor eine wichtige Rolle spielt, kannst du dir nicht leisten, deine Zeit in irgendetwas anderes zu investieren, als in das, was bestimmten Bedürfnissen entspricht und zum Erreichen bestimmter Ziele beiträgt. Da dein Tag nur 24 Stunden hat, und da du nur ein Leben hast, kannst du dir nicht leisten, Zeit zu verschwenden. Das bedeutet, dass du sichergehen musst, dass die Leute, in die du dein Leben investierst, auch die richtigen sind. Sie müssen bereit und imstande sein eifrig das aufzunehmen, was du ihnen vermitteln willst. Und du musst sicherstellen, dass deine Lehrinhalte auch tatsächlich dem entsprechen, was sie für ihr Leben brauchen.

Auswahl ist auch einer der Schlüssel, wenn man Menschen zu Jüngern machen will. Jesus lehrte diesen Grundsatz, indem er auch unter seinen Jüngern eine Auswahl traf. Viele Jünger folgten ihm nach; einmal lesen wir von mindestens siebzig (Lk 10,1). Doch aus ihnen allen erwählte er die Zwölf, um sie in besonderer Weise auszubilden. Zuerst sollten sie ihm nachfolgen und dann in den Dienst miteinbezogen werden. „Kommt, mir nach! Und ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mt 4,19).

Auf was müssen wir achten, wenn wir Arbeiter für ein Jünger machendes Team auswählen? Ich glaube, dass in Jesaja 58,10 das Hauptkriterium genannt wird: „Wenn du dem Hungrigen dein Brot darreichst und die gebeugte Seele sättigst, dann wird dein Licht aufgehen in der Finsternis, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag.“ Die Antwort liegt in dem Wort „Hunger“. Die Menschen, die wir auswählen, müssen einen Hunger danach ver-spüren, Menschen zu Jüngern zu machen. Und dieser Hunger kann in drei Punkten zum Ausdruck kommen.

1. Ein Hunger, beim Jüngermachen mitzuarbeiten.

Deine Seele auszuschütten bedeutet, dein Leben zu geben. Das kostet dich und fordert enorme Belastbarkeit. Wenn du versuchst, dein Leben mit jemandem zu teilen, der nicht dazu bereit ist, wird er abgeschreckt sein. Es wäre zu schnell zu viel. Bedenke, dass ein Baby schneller krank wird, wenn es überfüttert wird, als wenn es einmal zu wenig bekommt. Such darum einen Menschen, der wirklich mitarbeiten will. Dies zeigt sich allgemein darin, dass er sich zur Verfügung stellt. Wenn du ihn brauchst, ist er da. Wenn ihr euch vor dem Frühstück treffen wollt und euch für sechs Uhr früh verabredet, kommt er schon um 5.45 Uhr und kann es kaum erwarten loszulegen.

2. Hunger nach Gott.

Außer dem Hunger nach Mitarbeit, sollte er auch einen Hunger nach Gott selbst haben. Sein Leben sollte stark auf die Beziehung „himmelwärts“ ausgerichtet sein. Er sollte wie der Psalmist, der seinen Hunger nach Gott im Psalm 42 zum Ausdruck brachte, sagen können: „Wie eine Hirschkuh lechzt nach Wasserbächen, so lechzt meine Seele nach dir, o Gott!“ (Ps 42,2) David sagte: „Meine Seele hängt an dir, deine Rechte hält mich aufrecht“ (Ps 63,9).

3. Ein Hunger danach, jeden Preis zu zahlen

Er muss die Kosten überschlagen haben und bereit sein, sie zu tragen. An diesem Punkt musst du Klartext reden und ihn wie Jesus herausfordern: „Er sprach aber zu allen: Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf täglich und folge mir nach!“ (Lk 9,23)

Wenn bei dem Kandidaten in diesen drei Punkten ein Hunger vorhanden ist – dabei zu sein, für Gott persönlich, um jeden Preis –, kann er ein Arbeiter Jesu Christi werden.

D. Worauf beim Training eines Arbeiters zu achten ist

In deiner Arbeit mit einem Jünger auf einer persönlichen Ebene – einer Zweierschaft – solltest du dich auf vier Dinge konzentrieren: die Überzeugung, Perspektive, Vorzüglichkeit und Charakterstärke.

1. Überzeugung

Bis zu diesem Zeitpunkt hat der angehende Arbeiter deine Überzeugungen übernommen. Er weiß, warum du Bibelstellen auswendig lernst, die Bibel studierst und betest. Aber auf lange Sicht wird ihm das nicht ausreichen. Er braucht eigene Überzeugungen. Diese Überzeugungen können sich auf zwei Arten entwickeln: durch sein eigenes Bibelstudium und durch die Beantwortung der Fragen nach dem „Warum“.

Ein anderes Mal arbeitete ich mit einer Gruppe von Leuten zusammen, denen es schwerfiel, die Wichtigkeit von Gottes Wort in ihrem Leben anzuerkennen. Ich schlug vor, einmal Psalm 119 durchzuarbeiten. Das war nichts, das zu schwierig oder umfangreich gewesen wäre. Wir lasen einfach nur den Psalm durch, und achteten auf die verschiedenen Verben. Später lasen wir ihn wieder durch, um nach den verschiedenen Begriffen zu suchen, die für das Wort Gottes gebraucht werden. Beim dritten Lesegang versuchten wir, die Haltung des Psalmisten gegenüber Gottes Wort herauszufinden. Es dauerte ziemlich lange, aber am Ende der Bibelstunde hatten sie sich von Gott selbst von der Wichtigkeit seines Wortes überzeugen lassen.

Zu eigenen Überzeugungen kommt jemand auch, wenn man ihn einmal alle Gründe aufschreiben lässt, warum er all das tun sollte. Warum Stille Zeit haben? Warum beten? Warum die Bibel studieren? Das kann ein echtes Schlüsselerlebnis werden. An Glaubenssätzen hält man fest, aber von Überzeugungen ist man selbst ergriffen.

2. Perspektive

Wenn du einen Mitarbeiter zurüstest, musst du an seiner Perspektive arbeiten. Wenn jemand zu Christus findet, bleibt er zunächst immer noch ein auf sich selbst fixiertes Individuum. Wenn man dann aber beginnt, im Herrn zu wachsen, verändert sich der Blickwinkel allmählich. Er ist nicht mehr nur auf sich selbst fixiert. Langsam wird er sich der Nöte seiner Mitchristen bewusst. Er beginnt die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

3. Vorzüglichkeit

Ein Drittes, was ein Mitarbeiter

besitzen sollte, ist der Sinn für Vorzüglichkeit. Er darf sich nicht mit dem Durchschnitt zufriedengeben. Seinen Dienst für andere soll er mit Fleiß und Kompetenz ausüben. Sein Zeugnis, sein Dienst, seine Mitarbeit sollen das Zeugnis Jesu widerspiegeln, denn „Er hat alles wohlgemacht“ (Mk 7,37). Wie geschrieben steht:

„Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe aus den Toten heraufgeführt hat durch das Blut eines ewigen Bundes, unseren Herrn Jesus, vollende euch in allem Guten, damit ihr seinen Willen tut, indem er in uns schafft, was vor ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“ (Hebr. 13,20-21).

Wenn wir mit allem Guten ausgerüstet sein sollen, um Gottes Willen zu tun, muss dies durch Jesus Christus geschehen. Schließlich ist er der Einzige, der jemals alles wohlgemacht hat. Wenn also in unseren Schützlingen der Wunsch heranwachsen soll, ihr Bestes zu geben, müssen wir sie dazu bringen, sich ganz Jesus auszuliefern und ihn durch sich leben lassen.

4. Charakterstärke

Als Letztes möchten wir auf die Beziehung des Mitarbeiters zu Gott und seinen geistlichen Charakter eingehen. „Denn das Reich Gottes besteht nicht im Wort, sondern in Kraft“ (1Kor 4,20). Dies ist moralische Kraft und Seelenqualität. Dies ist von lebenslanger Bedeutung. Wir werden in diesem Leben nie perfekt im Glauben, in der Reinheit, der Ehrlichkeit, Demut und anderen Tugenden sein. Wir wachsen und reifen lediglich auf diese Ziele zu.

Der Apostel Johannes sagte:

„Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es. Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist“ (1Joh 3,1-3).

Ein Arbeiter ist nun ein Jünger plus noch etwas. In der Schrift wird er als ein Feldarbeiter beschrieben, als Erntearbeiter. Er sät und erntet (Joh 4,37-38). Er pflanzt und bewässert (1Kor 3,7-9). Er legt den Grund und ein anderer baut darauf (1Kor 3,10). Er macht Menschen zu Jüngern (Mt 28,19-20). Ein Arbeiter ist damit beschäftigt, die Verlorenen zu gewinnen und die Gläubigen aufzuerbauen.

Das ist die Bedeutung von Evangelisation und Zurüstung. Arbeiter am Reich Gottes die helfen, den Missionsbefehl auszuführen. Jesus sagte, dass genau da eine Not herrscht. In erster Linie sollte unser Anliegen sein, dass aus unserem Dienst Arbeiter hervorgehen.