Erste Erfahrungen mit der Weitergabe von Gemeindeleitung
Meine erste Erfahrung mit der Übergabe einer Gemeindeleitung machte ich 2006 in der Gemeinde Mayen. Damals war es vor allem in russlanddeutschen Gemeinden üblich, dass eine Gemeinde auch mit nur einem Ältesten auskam, unabhängig von ihrer Größe. So war ich der einzige Älteste in einer Gemeinde mit etwas über 100 Mitgliedern. Obwohl ich keine theologische Ausbildung hatte, erkannte ich die Notwendigkeit, jemanden zu motivieren, bibeltreue Theologie zu studieren. Unser Sohn, Johann Ediger, fühlte sich berufen und absolvierte das Bibelseminar Bonn. Dies war eine große Bereicherung für die Gemeinde. Zwar stimmte ich nicht mit allen Vorschlägen meines Sohnes aus der Bibelschule überein, doch die Lehre von der Mehrzahl der Ältesten überzeugte mich. Als eine von Natur aus bestimmende Person erkannte ich den Wert verschiedener Meinungen und die Notwendigkeit, mit anderen Ältesten zusammenzuarbeiten. So wurden drei weitere Personen, darunter auch der junge Theologe Johann Ediger, zum Ältesten eingesetzt.
Herausforderungen bei der Übergabe der Verantwortung
Im Jahr 2006 wurde ich für einen vollzeitigen Dienst in Südbayern berufen, um mit einer Gemeindegründungsarbeit zu beginnen. Plötzlich stellte sich die Frage, wer die Verantwortung für die Gemeinde in Mayen übernehmen sollte. Die Gemeinde war stabil und wuchs, doch sie war stark auf mich als Leiter und Gründer fokussiert. Mit 55 Jahren hatte ich mir keine Gedanken über Nachfolger gemacht oder darüber, wie die Arbeitsverteilung zwischen den Ältesten aussehen sollte. Rückblickend sehe ich dies als großen Fehler, den ich gerne vermieden hätte. Ich verließ die Gemeinde für eine neue Gemeindegründungsarbeit, ohne die Ältestenschaft ausreichend darauf vorzubereiten, die Verantwortung zu übernehmen. „Gott wird schon sorgen“, dachte ich, „das ist doch Seine Gemeinde“. Dies war jedoch eher eine Ausrede, und die späteren Schwierigkeiten in der Gemeinde in Mayen raubten mir oft den Frieden. Seitdem bin ich überzeugt, dass ein Ältester, egal wie alt oder jung er ist, sich immer um die „Staffelübergabe“ kümmern muss. Diese Überzeugung habe ich auch in der Gemeindegründungsarbeit in Bayern praktiziert.
Vorbereitung der nächsten Generation
In Bayern wurden elf Gemeinden gegründet oder organisiert. Ich nahm mir viel Zeit, leitende Brüder auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten. Auch in unserer Muttergemeinde in Deggendorf wurden frühzeitig Brüder in den Ältestendienst berufen. Ich motivierte sie, das Wort Gottes zu studieren und Verantwortung für die Gemeinde zu übernehmen. Mit 67 Jahren legte ich meinen Ältestendienst als verantwortlicher Ältester nieder, begleitet von Freude und Gebet für die neue Generation von Ältesten. Während der Abschiedsfeierlichkeiten fragte mich ein eingeladener Ältester aus einer befreundeten Gemeinde, ob es mir schwerfalle, den Dienst abzugeben. In diesem Moment fühlte ich eine große Erleichterung, dass jüngere Älteste die gute Last des Dienstes übernahmen. Später erfuhr ich, dass dieser Älteste in seiner Gemeinde Schwierigkeiten mit der „Staffelübergabe“ hatte. Dies sollte nicht so sein.
Ein Appell an die Ältesten
Liebe Älteste, bitte prüft, ob eure Gefühle und Gedanken dem Herrn wohlgefällig sind. Nicht wir Ältesten sind in der Gemeinde wichtig, sondern das Werk Christi, das auch ohne uns weiterleben soll. Macht euch daher mehr Gedanken über Jüngerschaft und wie diese in der Gemeinde gelebt und praktiziert werden kann. Jeder Älteste sollte andere Ältesten heranziehen, das heißt, sie zur Übernahme der Verantwortung in der Gemeinde führen. Möge Gott euch Weisheit und die richtige Einstellung dazu geben.
Amen.
Über den Autor:
Nikolai Ediger, geboren am 2. Oktober 1951 in Kasachstan, absolvierte eine Ausbildung zum Baumaschineningenieur. Mit 39 Jahren bekehrte er sich und ist seither über 30 Jahre im Glauben unterwegs. Seit 1998 diente er als Ältester und in der Gemeindegründungsarbeit. Er ist verheiratet mit Swetlana Ediger, mit der er fünf Kinder und 15 Enkelkinder hat. Seit 2019 befindet er sich im Ruhestand, engagiert sich jedoch weiterhin ehrenamtlich im Dienst für den Herrn. Sein geistliches Zuhause ist derzeit die Christen-Gemeinde Mayen, die erste Gemeinde, die er 1998 mitgründete und in der er als Ältester eingesetzt wurde.