Skip to main content

Der Artikel von Hernandes Dias Lopes ist aus dem wertvollen Buch „Der Anspruch des Hirtendienstes” (siehe Seite 10) entnommen. Wir danken dem CMV-Verlag, Bielefeld, herzlich für die Abdruckerlaubnis. Die Redaktion


Ich bin durch ganz Brasilien gereist und habe in Hunderten von Kirchen verschiedener Denominationen gepredigt. Ich habe mit Hunderten von Pastoren und Leitern der evangelikalen Kirchen Brasiliens gesprochen. Ich habe viele wunderbare Dinge gesehen: treue Pastoren, die das Wort Gottes mit großer Achtsamkeit predigten; Leben, die durch das erneuernde Wirken des Heiligen Geistes verändert wurden. Ich habe gesehen, wie Familien verändert und Gemeinden in der Wahrheit aufgebaut wurden. Ich habe aber auch andere Situationen erlebt, in denen die finstere, spannungsgeladene Stimmung auf das Wüten eines verheerenden Sturmes hindeutete. Die Pastorenschaft befindet sich in einer Krise der theologischen und moralischen Integrität. Diese Krise breitet sich rasant wie eine Explosion über die gesamte Christenheit aus. Die Konsequenzen dieser Detonation lassen sogar die Strukturen der Gesellschaft erbeben.

Ich reise recht häufig nach Kanada und in die Vereinigten Staaten. Wenn ich mich bei der Einreise den Behörden als Pastor vorstelle, werde ich manchmal sofort abgefangen und in einen speziellen Raum verwiesen, wo ich meine Beweggründe für die Einreise genauer erklären muss. Noch vor einigen Jahren wirkte die einfache Tatsache, dass sich jemand als Pastor vorstellte, gleich einem Türöffner. Heute dagegen schließen sich die Türen. Ich weiß von Pastoren, denen der Kauf eines Fahrzeugs auf Kredit verwehrt wurde, sobald der Händler erfuhr, dass der Käufer ein Pastor war. Die Pastoren sind in Verruf gekommen.

Noch vor einigen Jahren war die Heirat eines Pastors für eine junge Frau so etwas wie ein Fahrschein für eine glückliche Ehe. Eine Frau, die heutzutage eine Ehe mit einem Pastor eingeht, unterschreibt einen Risikovertrag. Es gibt viele Pastoren, die auf der Kanzel glänzen, aber zu Hause einen schlechten Ehemann abgeben. Sie sind freundlich zu den Schafen in der Gemeinde, aber aggressiv der Ehefrau gegenüber. Es gibt viele Pastoren, die in einer Ehekrise stecken. Es gibt viele Pastorenkinder, die rebellieren und von der Kirche enttäuscht sind.

Ich bin überzeugt, dass die moralische Krise der Menschheit auch auf die Gemeinden überschwappt und sich in der moralischen Krise, die im Pastorendienst präsent ist, widerspiegelt. Eine Umfrage, die kürzlich in Brasilien durchgeführt wurde, wies Politiker, Polizisten und Pastoren als die drei Klassen aus, die in Brasilien den schlechtesten Ruf haben.1 Wir erleben eine Umkehrung der Werte. Wir leben in einer Krise der Integrität. Denjenigen, die die Hüter der Ethik sein sollten, wird sie zum Fallstrick. Diejenigen, die das Musterbeispiel für ein makelloses Leben sein sollten, sind in beschämende Skandale verwickelt.

Meine Wahrnehmung ist, dass Pastoren ernsthaften Gefahren ausgesetzt sind, von denen ich im Folgenden einige erwähne:

Fehlende Bekehrung

Es ist schmerzlich, dass einige von denen, die aufstehen, um anderen das Evangelium zu predigen, selbst noch nicht vom Evangelium erreicht worden sind. Es gibt Menschen, die Buße predigen, ohne sie jemals erlebt zu haben. Es gibt Menschen, die die Gnade verkünden, ohne jemals durch sie verwandelt worden zu sein. Einige führen die Verlorenen zur Erlösung und sind dabei selbst verloren (vgl. Matthäus 7,21-23).

Judas Iskariot war ein Jünger Jesu. Er war der Einzige in der Gruppe, der eine spezielle Vertrauensstellung erhielt: Er wurde dazu berufen, sich um die Finanzen zu kümmern. Er genoss das volle Vertrauen der anderen Jünger. Nie zogen sie seine Vertrauenswürdigkeit in Zweifel. Selbst beim Abendmahl, als Jesus ihn als Verräter entlarvte, verstanden die anderen Jünger nicht, worum es ging. Judas war der Anführer der Jünger bei der Auflehnung gegen Marias Tat, als sie eine Alabaster-Flasche mit teurem Parfüm zerbrach, um Jesus zu salben. Er war ein falscher Wohltäter. Er war ein Dieb. Sein Herz war nicht aufrichtig vor Gott. Seine Absichten standen im Widerspruch zu den göttlichen Zielen. Mit Sicherheit predigte er den anderen, nicht aber sich selber. Er war im Auftrag des Herrn Jesus unterwegs, um andere zur Erlösung durch die Buße zu führen, aber er selbst wurde nicht von ihr erreicht. Er lebte eine Lüge. Sein Leben war eine Täuschung. Sein Tod war eine Tragödie. Sein Ende war die Verdammnis.

Schon im 17. Jahrhundert wies Richard Baxter, ein führender Puritaner in England, in seinem berühmten Buch The Approved Pastor auf die Existenz von Pastoren hin, die selbst noch keine Wiedergeburt erlebt haben. Jesus sagte dem Lehrer der jüdischen Religion, einem führenden Juden namens Nikodemus, dass er das Reich Gottes nicht sehen könne, wenn er nicht von neuem geboren werde, und dass er nicht in das Reich Gottes eingehen könne, wenn er nicht aus Wasser und Geist geboren werde (vgl. Johannes 3,3-5). Vor einigen Jahren, nachdem ich auf einer evangelistischen Konferenz gepredigt hatte, kam ein Pastor auf mich zu, sein Gesicht war voller Tränen. Er umarmte mich und sagte: „Ich bin schon seit vielen Jahren Pastor. Ich habe Tausenden von Menschen das Evangelium gepredigt. Ich habe viele Menschen zu Christus geführt, aber erst heute erlebe ich die gesegnete Erfahrung der Wiedergeburt. Ich war noch kein bekehrter und geretteter Mensch.“

Fehlende Berufung

John Mackay, Präsident des Princeton Seminary in New Jersey, in den Vereinigten Staaten, beschäftigt sich in seinem Buch The Meaning of Life mit dieser für die Gesellschaft so wichtigen und grundlegenden Frage: der Berufung. Wir dürfen dieses Thema nicht unterschätzen. Es sollte zu Hause, in der Kirche, in der Wissenschaft und in den höchsten menschlichen Institutionen diskutiert werden. Der Sinn für Berufung ist einer der übergeordneten Sinne des Menschen. Es ist der Sinn, der ihn dazu bringt, die größten Arbeiten mit Selbstlosigkeit und Hingabe auszuführen. In den dunklen Momenten spendet er ihm Licht, in den schwierigen Angelegenheiten flößt er ihm neue Kraft ein. In meinem Buch Mensagens selecionadas (Ausgewählte Botschaften) erwähne ich drei wichtige Wahrheiten über die Berufung.

In erster Linie ist die Berufung die Richtschnur für unsere Entscheidungen. Wir leben in einer Gesellschaft, die vom Profit berauscht ist. Menschen werden nach dem bewertet, was sie haben, nicht nach der Würde ihres Charakters. Geld und Profit sind zu den Treibern bei der beruflichen Entscheidung geworden. Auf dem globalen und konsumorientierten Markt ist der Profit der Sauerstoff, der die Lungen der Gesellschaft bewässert. Reichtum befriedigt nicht, aber das Gefühl der erfüllten Pflicht, bewegt durch den Hebel der Berufung, bringt unsagbare Freude.

Zweitens ist Berufung das Bewusstsein, am richtigen Ort zu sein und das Richtige zu tun. Das Problem der Berufung ist vielleicht das ernsthafteste und dringendste soziale Problem, das die Grundlage für alle anderen bildet. Das soziale Problem ist nicht nur eine Frage der Aufteilung von Reichtümern, der Produkte der Arbeit, sondern ein Problem der Berufung, der Art und Weise, wie produziert wird. Was für eine Tragödie, wenn eine große Anzahl von Männern in einem Land nach Positionen statt nach Berufungen sucht!

Drittens kann Berufung sowohl eine Neigung als auch ein Ruf sein. Im Allgemeinen findet man eine Berufung durch einen dieser beiden Wege: die Entdeckung einer besonderen Fähigkeit oder die Vision einer dringenden Notwendigkeit. Eine Berufung zum Dienst ist ein spezieller Ruf von Gott, verbunden mit einem dringenden Bedürfnis und einer besonderen Fähigkeit.

Es gibt viele Pastoren, die nie von Gott zum Dienst berufen worden sind. Sie sind Freiwillige, aber sie haben keine Berufung. Sie sind durch äußere Einflüsse durch die Tore des Dienstes gegangen und nicht durch einen inneren, wirksamen Ruf des Heiligen Geistes. Sie wurden durch die Verlockung eines höheren Status motiviert oder durch den Glanz eines Leiter-Amtes bewegt, jedoch nie von Gott für diese Pflicht ausgesondert.

Es gibt diejenigen, die mit der falschen Motivation in den Dienst treten. Sie strecken sich nach dem Dienst aus wegen des Profits, andere wegen des Ruhms, wieder andere wegen der Unterkunft. Es gibt einige, die versuchen, ein Medizinstudium, ein Jurastudium oder ein Ingenieurstudium zu absolvieren, und weil sie keinen Erfolg haben, schließen sie daraus, dass Gott sie zum Dienst beruft. Ich vertrete die Position von John Jowett, wenn er in seinem Buch The Preacher, His Life and His Work (Der Prediger, sein Leben und sein Werk) sagt, dass die Überzeugung des Rufes und die Gewissheit der Berufung nicht eintreten, wenn wir alle Türen geschlossen sehen und dann die offene Tür des Dienstes betrachten. Berufung ist, alle anderen Türen geöffnet zu sehen, aber nur auf die Tür des Dienstes zu schauen. Berufung ist wie eine unsichtbare Kette. Sie können nicht dauerhaft vor dieser Berufung fliehen. Der Prophet Jeremia versuchte, seinen Dienst aufzugeben, aber es brannte in seinen Knochen wie Feuer.

Faulheit

Es ist bedauerlich, dass es Menschen gibt, die die erhabenste aller Berufungen ergreifen und in ihrer Ausübung nachlässig sind. Es ist bedauerlich, dass es Pastoren gibt, die bei der Ausübung der wichtigsten und dringendsten Aufgaben schlaffe Hände haben. Es ist unverständlich, dass einige, die ein Werk ausüben, das die Engel gerne tun würden, widerspenstig und träge in der Arbeit sind.

Das Amt ist eine ausgezeichnete Arbeit, aber es ist auch eine mühsame Arbeit (vgl. 1. Timotheus 3,1). Der Apostel Paulus sagt in 1. Timotheus 5,17: „Die Ältesten, die gut vorstehen, sollen doppelter Ehre wertgeachtet werden, besonders die, welche im Wort und in der Lehre arbeiten.“ Es ist wichtig zu beachten, dass die Ausübung des Amtes ein gründliches Studium des Wortes beinhaltet. Die Faulen werden niemals in die Tiefen der Wahrheit vordringen. Sie werden sich keine Mühe geben, nahrhafte Nahrung für die Menschen zu finden. Sie werden sich niemals um den Schutz der Schafe Christi bemühen (vgl. Apostelgeschichte 20,29-30).

Paulus sagt in 1. Timotheus 3,1 (EÜ): „Das Wort ist gewiss: Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk.“ Das Hirtenamt ist ein Werk, und zwar ein ausgezeichnetes Werk. Es ist keine Arbeit für faule Menschen, sondern eine Arbeit, die jede Anstrengung, jeden Eifer und jede Sorgfalt erfordert.

Es gibt Pastoren, die viel schlafen, wenig arbeiten und alle Belohnungen haben wollen. Sie wollen Vergütung ohne jegliche Anstrengung. Sie wollen immer die Lorbeeren, aber niemals den Schweiß. Sie wollen die Vorteile, aber niemals das Opfer. Es ist traurig zu erkennen, dass viele Pastoren nicht alles geben, was sie geben könnten. Sie sind achtlose Arbeiter, Hirten ihrer selbst, die sich selbst weiden, anstatt die Herde. Sie sind auf Erleichterungen und persönliche Vorteile aus, ohne jemals ihr Leben in das Leben der Schafe zu investieren (vgl. Hesekiel 34,1-6).

Habgier

Es gibt Hirten, die sich mehr für das Geld ihrer Schafe interessieren als für deren Errettung. Es gibt Pastoren, die mit dem Amt Handel treiben, das Wort zur Ware machen und die Gemeinde in ein profitables Geschäft verwandeln (vgl. 2. Korinther 2,17). Es gibt Pastoren, die Gemeinden wie ein privates Unternehmen organisieren, in dem Vetternwirtschaft herrscht. Sie verwandeln die Kanzel in ein Schaufenster, das Evangelium in ein Produkt, den Tempel in einen Marktplatz und die Gläubigen in Konsumenten. Sie sind betrügerische Arbeiter, gierig, geizig und hinterlistig. Sie sind Liebhaber des Geldes und lassen sich von der Verlockung des Reichtums berauschen.

Es gibt Pastoren, die die Botschaft aus Profitgründen verändern. Sie predigen Wohlstand und täuschen die Menschen mit einseitigen Botschaften, um daraus eigene Vorteile zu ziehen.

Heute sind wir Zeugen des Phänomens der Kommerzialisierung des Glaubens. Pastoren und immer mehr Pastoren lösen sich von der kirchlichen Struktur und brechen mit ihren Denominationen, um eigene Dienststrukturen zu gründen, bei denen der Leiter zum Herrn der Gemeinde wird. Die Kirche wird zum Privateigentum des Pastors. Die Leiterschaft der Gemeinde wird zu einer dynastischen Regierung, in der die Frau ordiniert wird und die Kinder unmittelbare Nachfolger sind. Wir bezweifeln nicht, dass Gott einige zu einem bestimmten Dienst beruft, bei dem die ganze Familie beteiligt und engagiert ist, aber die skrupellose Vermehrung dieses Modells ist sehr beunruhigend.

Emotionale Instabilität

Es gibt emotional kranke Pastoren in der Ausübung des Dienstes. Sie bräuchten seelsorgerliche Hilfe, aber sie sorgen sich um andere. Sie sollten betreut werden, aber sie betreuen andere. Sie sollten psychisch behandelt werden, aber sie behandeln andere.

Die Gemeinden müssen sorgfältiger prüfen, wen sie in theologische Seminare schicken. Ein Seelsorger ohne emotionales Gleichgewicht kann sich selbst, seiner Familie und der Gemeinde großen Schaden zufügen.

Der Dienst hat seine Komplexität und erfordert adäquate und emotional gesunde Mitarbeiter. Der Pastor hat mit Spannungen zu tun, und wenn er keine ausgeglichene Person ist, wird er emotional zerrissen und kann Konflikte um sich herum erzeugen. Viele Probleme in den Gemeinden sind durch die Unfähigkeit ihrer Pastoren entstanden. Die falsche Handhabung einer scheinbar einfachen Situation kann Probleme lostreten, die nur schwer zu lösen sind.

Der Pastor ist ein Mensch, der Selbstbeherrschung braucht. Es gibt Zeiten, in denen eine unbedachte Reaktion alles in Gefahr bringen kann. Voreiliges Reden kann zu Streit und großen Konflikten führen. Die falsche Art zu sprechen kann wahre Kriege innerhalb der Gemeinde auslösen. Unbesonnene Handlungen können unheilbare Wunden in zwischenmenschliche Beziehungen reißen.

Es gibt keinen rutschigeren Boden für einen emotional empfindlichen Diener als das Pastorenbüro. Viele Pastoren haben in den unruhigen Gewässern dieses unbeobachteten Ortes Schiffbruch erlitten.

Über 50% der Menschen, die das Sprechzimmer eines Pastors betreten, sind weiblich und über 50% der behandelten Themen beziehen sich auf das Gefühls- und Sexualleben. Ein emotional anfälliger Pastor kann sich nur allzu leicht emotional auf einen Ratsuchenden einlassen oder sich von ihm einspannen lassen. Es gibt eine Menge Pastoren, die im Sprechzimmer gescheitert sind. Sie sind wie Simson: Wahre Riesen in bestimmten Bereichen des Lebens, aber emotionale Schwächlinge, die der Verführung nicht standhalten können und die Vision, den Dienst, die Familie und das Leben verlieren.

Angst zu versagen

Angst ist mehr als ein Gefühl, sie ist ein Geist. Paulus schreibt an Timotheus und sagt, dass Gott uns nicht einen Geist der Furcht gegeben hat, sondern der Kraft, der Liebe und der Selbstbeherrschung (2. Timotheus 1,7). Angst lähmt uns. Angst verändert unser Verständnis der Dinge. Die Jünger Jesu, von Angst überwältigt, sahen Jesus auf den Wellen gehen und schrien entsetzt (Matthäus 14,26): „Es ist ein Geist!” Die Angst trübte ihre Sicht und lähmte ihre Seelen. Jesus erzählte das Gleichnis von den Talenten und sagte, dass der Mann, dem nur ein Talent gegeben wurde, es aus Versagensangst vergrub und von seinem Herrn ausgestoßen wurde (vgl. Matthäus 25,24-27). Es gibt viele Pastoren, die Angst vor dem Versagen auf der Kanzel, in der Seelsorge und in der Verwaltung haben. Es gibt Pastoren, die Angst haben, zu ihren Entscheidungen zu stehen und Angst vor der Meinung der Gemeinde. Es gibt Pastoren, die sich wie Schildkröten verhalten, indem sie sich unter einem dicken Panzer verstecken und denken, diese falsche Rüstung werde sie vor Enttäuschungen schützen.

Craig Groeschel schreibt über diese Angst vor dem Versagen, indem er ein interessantes Experiment erzählt, das von einigen Wissenschaftlern durchgeführt wurde. Hier ist das Experiment:

In der Mitte eines Raumes hängten einige Wissenschaftler ein Bündel frischer Bananen an einen Pfahl. Dann ließen sie vier Affen in den Raum. Sofort bewegten sich die hungrigen Affen in die Richtung der reifen Bananen. Als die Affen versuchten, auf den Pfahl zu klettern, schüttete einer der Wissenschaftler eiskaltes Wasser über sie.

Die Affen zogen sich zurück, versammelten sich und unternahmen einen zweiten Versuch. Sobald sie begannen, den Pfahl zu erklimmen, bekamen sie erneut ein Eisbad. Nach mehreren erfolglosen Versuchen kamen die Affen zu der Überzeugung, dass ein Scheitern unvermeidlich wäre und gaben den Versuch schließlich auf.

Am nächsten Tag nahmen die Forscher einen der vier Affen aus dem Raum und ersetzten ihn durch einen anderen, der am Vortag nicht an dem Experiment teilgenommen hatte. Was tat der Neuankömmling? Furchtlos ging er auf die Bananen zu. Aber noch bevor er den Pfahl erreichen konnte, wurde er von den drei anderen zurückgezogen. Unerschrocken versuchte er es noch einmal, und wieder wurde er von seinen Genossen aufgehalten. Am Ende gab er auf und erlag der fatalen Haltung der anderen.

Jeden Tag ersetzten die Wissenschaftler einen der ursprünglichen Affen. Am fünften Tag hatte von den vier Affen im Raum noch keiner eine kalte Dusche erlebt. Sogar jetzt noch hinderten die anderen Affen jeden neuen Affen, der den Raum betrat, daran, auf den Pfahl zu klettern und die Bananen zu holen, ohne überhaupt zu wissen, warum sie das taten. Das Scheitern der ersten vier bedingte bei allen Neuankömmlingen die Vermeidung jedes weiteren Versuchs.2

Diese Erfahrung ist nicht nur bei Affen üblich, sondern auch bei Menschen. Wir wollen eigenes Versagen verhindern, indem wir auf das Versagen anderer sehen, und verharren in der Angst, neue Versuche zu unternehmen. Angst kann uns die wunderbaren Dinge entziehen, die in unserer Reichweite liegen. Lassen Sie sich durch die Angst vor dem Versagen nicht in einen Laboraffen verwandeln.3 Versagen ist ein Umstand, niemals eine persönliche Eigenschaft. Thomas Alva Edison hatte etwa 2.000 Experimente gemacht, bevor er die Glühbirne erfand. Jemand fragte ihn einmal, ob er nach so vielen Experimenten nicht frustriert sei. Er antwortete: „Nein! Ich habe die elektrische Glühbirne erfunden, und das war ein Sieg, für den 2.000 Schritte nötig waren.” Scheitern ist nur dann ein Scheitern, wenn man nicht daraus lernt. Scheitern muss unser Lehrmeister sein, nicht unser Totengräber. Misserfolge dauern nicht ewig an. Mit Gott an Ihrer Seite bekommen Sie den Mut, große Dinge zu träumen und dafür auch Risiken einzugehen!

Theologische Verirrung

In vielen Ländern Lateinamerikas erleben die evangelikalen Gemeinden ein seltsames Phänomen. Sie wachsen explosionsartig, aber gleichzeitig verlieren sie auf beschämende Weise ihre evangelikale Identität. Was in Wahrheit wächst, ist nicht das Evangelium, sondern ein anderes Evangelium, ein hybrides, künstliches und mystisches Evangelium. Wir sehen in diesen Ländern eine Kirche florieren, die sich evangelisch nennt, aber kein Evangelium hat. Sie predigt Wohlstand, nicht Erlösung. Sie spricht von Schätzen auf der Erde und nicht von Schätzen im Himmel.

Es gibt eine Vielzahl an Lehren, die wie Winde umher wehen. Die Neuigkeiten schießen wie Pilze aus dem fruchtbaren Boden des lateinamerikanischen Mystizismus. Die Bibel wird wie eine magische Kraft benutzt, um Irrlehren gelähmter Pastoren zu stützen, die um jeden Preis den eigenen Gewinn und das eigene Vorankommen suchen. In diesem Wirrwarr von Neuigkeiten auf dem Markt des Glaubens lassen sich einige Typen von Pastoren unterscheiden.

Erstens gibt es die Mentoren der Neuigkeiten. Diese Pastoren sind wahre Spezialisten in der Kommunikation und Vermarktung. Sie kreieren immer wieder irgendeine Neuigkeit, um die Gemeinde anzulocken. Das Problem bei dieser leidenschaftlichen Suche nach Neuem ist, dass das Wort Gottes den Menschen vorenthalten wird. Anstatt die Menschen mit dem Weizen der Wahrheit zu sättigen, werden sie mit der Spreu der Neuheiten gefüttert (vgl. Jeremia 23,28-32). Wenn ein Pastor diesen Weg einschlägt, muss er sehr kreativ sein, denn eine Neuheit ist für eine Weile attraktiv, verliert aber sogleich ihre Wirkung. Dann ist es notwendig, eine weitere Neuheit zu erfinden. Es ist wie Kaugummi. Am Anfang ist er süß, nach einer gewissen Zeit jedoch kaut man auf einem Stück Schuhsohle herum.

Zweitens gibt es diejenigen, die Marionetten sind. Es gibt viele Pastoren, die das Wort Gottes nicht kennen und keine dienstliche Vision haben. Sie folgen den unscharfen Anweisungen ihrer Vorgesetzten. Sie sind Hirten ohne Herde, die im privaten Dienst betrügerischer Arbeiter stehen. Diese Pastoren sind nur Überbringer einer Botschaft, die sie nicht im Wort gefunden haben, die sie der Gemeinde aber weitergeben als wäre sie das Wort Gottes. Diese Pastoren sind verloren und führen das Volk Gottes in die Irre (vgl. Jeremia 23,32).

Drittens gibt es diejenigen, die die gesunde Lehre absichtlich verlassen haben. In einige unserer Seminare haben sich Professoren mit einer stark liberalen Tendenz eingeschlichen. Es gibt Professoren, die die Schrift nicht mehr als irrtumslose und hinlängliche Quelle akzeptieren. Es gibt diejenigen, die nicht an die Wörtlichkeit des biblischen Schöpfungsberichts glauben. Sie nennen sich Christen, sind aber zugleich Jünger Darwins und nicht Christi. Sie sagen, sie glauben an die Bibel, sind aber gleichzeitig Evolutionisten. Andere behaupten, Gott zu dienen, leugnen aber die Inspiration der Heiligen Schrift. In Wirklichkeit sind diese Menschen Wölfe, die in die Herde eindringen, um die Schafe zu verschlingen (vgl. Apostelgeschichte 20,29). Viele unerfahrene Pastoren, die von diesen Irrlehrern geschult werden, verlassen den Weg der Wahrheit und geben sich der Irrlehre hin.

Der Liberalismus ist ein tödliches Gift! Wo immer es hinkommt, tötet es die Kirche. Es gibt viele tote Gemeinden in Europa, in Nordamerika, und jetzt gibt es auch in Lateinamerika Kirchen, die mit diesem Instrument des Todes liebäugeln. Wir haben keine Berichte über einen Liberalen, der eine gesunde Gemeinde aufgebaut hat. Wir haben keine Berichte über einen Liberalen, der ein Werkzeug Gottes für eine große geistliche Erweckung gewesen ist. Der Liberalismus muss verstoßen werden, wenn das, was wir wollen, eine im Wort gefestigte, gottesfürchtige und der missionarischen Arbeit verpflichtete Kirche ist. Es gibt kein Gegengift für eine Kirche, die die gesunde Lehre aufgibt und dem Liberalismus die Hand reicht. Wenn eine Gemeinde den Punkt erreicht, an dem sie ihr Vertrauen in die Irrtumslosigkeit und Zuverlässigkeit der Schrift aufgibt, geht sie dem Abgrund entgegen.

Autoritarismus

Es gibt viele Pastoren, die mit unangemessener Strenge über die Gemeinde herrschen. Sie behandeln die Herde Gottes grausam und tyrannisch. Sie beherrschen die Gemeinde mit Autoritarismus (vgl. 1. Petrus 5,1-4). Sie trotzen denjenigen, die ihr Modell in Frage stellen.

Autoritarismus ist eine Art von Unsicherheit. Es ist ein Minderwertigkeitskomplex in der Gestalt eines Überlegenheitskomplexes. Es ist die Angst, die Macht zu teilen und abgelehnt zu werden. Eine erzwungene Führung hat keinen Wert. Eine Führung, die aus Angst erwächst, ist eines Christen nicht würdig. Eric Fromm, ein angesehener Psychiater, sagt, dass es zwei Arten von Autorität gibt: erzwungene Autorität und erworbene Autorität. Unser Vorbild für Leiterschaft ist die von Jesus ausgeübte. Er war ein dienender Führer. Leitung ist keine privilegierte Position, sondern ein Dienstfeld. Der Leiter ist nicht der, der am lautesten schreit, sondern der, der durch sein Beispiel die Herzen gewinnt und denen dient, die er mit Liebe führt. Der Apostel Petrus sagt, dass der Älteste sich nicht wie einer verhalten soll, der die Gemeinde beherrscht. Vielmehr soll er der Herde ein Vorbild sein (vgl. 1. Petrus 5,3).

Der Apostel Johannes prangerte die selbstsüchtigen und grausamen Praktiken des Diotrephes an, der gerne den ersten Platz in der Gemeinde einnahm (vgl. 3. Johannes 9-11). Er sah in jeder Person, die in die Gemeinde kam, einen Rivalen und keinen Mitarbeiter. Er fühlte sich durch neue Gläubige bedroht. Er unterließ es nicht nur, die Menschen mit Liebe zu empfangen, sondern bemühte sich vielmehr, sie von seinem eitlen Weg zu verscheuchen. Für Diotrephes war der Dienst mehr eine Bühne zur Selbstdarstellung als eine Gelegenheit zum Dienen.

Opfer von Willkür

Es gibt viele Pastoren, die Geiseln widerspenstiger und manipulativer Leiter sind. Diese Pseudo-Leiter verhalten sich wie Herren der Gemeinde und behandeln die ihnen „untergebenen“ Pastoren wie Angestellte, die unter ihrem Joch bleiben müssen.

Es gibt viele Gemeinden, in denen die übergeordneten Leiter sich als Arbeitgeber der untergeordneten Pastoren und sich selbst als Vorsteher der Gemeinde betrachten. Sie sind Leiter, die weder die Herde weiden noch den Pastoren erlauben, dies zu tun. Sie sehen die Pastoren als Rivalen an, die ihnen die Macht zu nehmen drohen. Sie sind mehr Kritiker der Pastoren als deren Mitarbeiter. Sie arbeiten als Kontrolleure der Pastoren, nicht als deren Ermutiger. Sie sind immer bereit, die Schwachstellen eines Pastors hervorzuheben, ermutigen ihn aber nie mit aufrichtigem Lob. Sie tragen ständig die Uniform von Kontrolleuren, anstatt Mithirten der Herde zu sein.

Es gibt eine Menge Machtkämpfe in den Leitungen der Gemeinden. Dieses Kräftemessen erzeugt Verschleiß und viele Tränen. Die meisten Pastoren leiden mehr unter den angespannten zwischenmenschlichen Beziehungen in der Leiterschaft als unter den Pflichten des Dienstes. Die Leiter verursachen mehr Arbeit als die Schafe. Viele Pastoren wurden durch die Willkür ihrer Leiter verletzt, misshandelt, niedergetreten und gedemütigt. Es gibt viele Leiter, die das Leben des Pastors zu einem Albtraum machen. Viele Pastoren sind frustriert und viele Pastorenkinder ärgern sich über die Art und Weise, mit der die Pastorenfamilie behandelt wird. Wir brauchen Heilung für diese Beziehungen!

Falsche Vorstellung vom Dienst

Der Dienst ist kein Zuckerschlecken, sondern ein Kampfplatz. Das Pastorenzimmer ist weder ein VIP-Raum noch ein roter Teppich. Der Dienst ist kein Vergnügungspark. Dienst ist Kampf, eine Schlacht ohne Waffenstillstand. Wer in den Dienst eintritt, muss sich dessen bewusst sein, dass es Widerstand von außen und Druck von innen gibt. Es gibt externe und interne Kämpfe. Es gibt vom Feind gemachte Konflikte und Kriege, die unter Brüdern ausgetragen werden.

Der Apostel Paulus sah sich mit dem Widerstand durch Feinde und auch durch Gemeindeglieder konfrontiert. Diener sein bedeutet, ständig unter Druck zu leben. Der Dienst ist eine Arena des Kampfes gegen die Macht der Finsternis und die Macht des Fleisches. Es gibt keinen Dienst ohne Spannung. Es gibt keinen Dienst, der schmerzlos ist. Es gibt keinen Dienst ohne Tränen. Pastor zu sein bedeutet, eine sengende Wüste zu durchqueren, anstatt über samtige Teppiche des Ruhms zu gehen. Pastor zu sein ist die Kunst, Steine zu schlucken und Diamanten hervorzuwürgen. Pastor zu sein bedeutet bereit zu sein, sein Leben in das Leben anderer zu investieren, ohne die gebührende Anerkennung zu erhalten. Pastor zu sein bedeutet zu lieben, ohne eine Belohnung zu erwarten, bedeutet, zu geben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Pastor zu sein bedeutet zu wissen, dass uns unser Lohn nicht hier gegeben wird, sondern im Himmel.

Mit einer romantischen Vorstellung in den Dienst zu treten, ist ein großes Risiko. Das bedeutet nicht, dass der Dienst eine Last oder eine Bürde wäre. Ich glaube, dass der Pastorendienst ein großes Privileg ist. Keine Position auf Erden sollte das Herz eines Pastors dazu verleiten, seinen Blick von seinem Dienst abzuwenden. Die Rolle, die wir spielen, ist so erhaben, dass die Engel gerne unsere Arbeit machen würden. Ein Botschafter für Gott zu sein ist besser, als ein Botschafter für die mächtigste Nation der Welt zu sein. Charles Spurgeon sagte zu seinen Studenten: „Kinder, selbst wenn die Königin von England euch einlädt, Botschafter in irgendeinem Land der Welt zu sein, so lasst euch nicht zu diesem niedrigen Posten herab, indem ihr eure Stellung als Botschafter des Königs der Könige und des Herrn der Herren aufgebt.” Heute sehen wir viele Pastoren, die den Dienst verlassen, um Stadträte, Abgeordnete oder Senatoren zu werden. Sie tauschen ihr Erstgeburtsrecht gegen ein Linsengericht. Das ist ein Fehler und ein unglücklicher Tausch. Obwohl auch die zivile Berufung eine geheiligte Berufung sein kann, soll derjenige, den Gott zum Dienst berufen hat, seine Aufmerksamkeit nicht auf andere Aufgaben richten, mögen sie noch so edel sein.

Kaputte Ehe

D. A. Carson sagt in seinem Buch The body, dass eine der sozialen Gruppen, in denen heutzutage weltweit die meisten Scheidungen vollzogen werden, die pastorale ist. Der Pastor läuft Gefahr, sich um andere zu kümmern und den Ehepartner zu vernachlässigen. Er läuft Gefahr, allen, die zu ihm kommen, besondere Aufmerksamkeit zu schenken und dabei seiner eigenen Familie keine besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Der Pastor läuft Gefahr, ein abwesender Ehemann zu sein, unsensibel für die emotionalen Bedürfnisse seiner Frau.

Es gibt viele Pastoren, die nach außen hin den Schein wahren. Während sie über die Ehe predigen, leben sie in einer kaputten Ehe. Während sie Paaren in Krisen Ratschläge geben, wenden sie die gleichen Prinzipien nicht auf ihre eigene Ehebeziehung an. Es gibt Pastoren, die das eine predigen und das andere machen. Sie verhalten sich anderen gegenüber liebenswürdig und sind bitter ihrer Frau gegenüber. Ihren Schafen gegenüber sind sie tolerant, ihren Kindern gegenüber unversöhnlich. Es gibt Pastoren, die Engel auf der Kanzel sind und Dämonen im eigenen Haus.

Diese Kluft zwischen der Kanzel und dem eigenen Zuhause führt dazu, dass der Diener unglaubwürdig wird, der Dienst seinen Wert verliert und dem Pastoren die Salbung genommen wird, die ihn befähigt, seinen Dienst treu und wirksam zu verrichten. Ist der Pastor kein Segen in seinem eigenen Haus, wird sein Dienst auf der Kanzel zum Scheitern verurteilt sein.

Die wichtigste und erste Herde des Pastors ist seine eigene Familie. Kein Erfolg im Dienst kann das Scheitern der Familie kompensieren. Die Familie des Pastors ist der Stützpfeiler seines Dienstes. Das Wort Gottes sagt, dass der, der seinem eigenen Haus nicht gut vorsteht, nicht fähig ist, der Gemeinde Gottes vorzustehen (vgl. 1. Timotheus 3,4.5). Ich hörte vor einiger Zeit einmal jemanden sagen, Noah sei der größte Evangelist aller Zeiten gewesen. Obwohl es ihm nicht gelungen war, irgendeinen Menschen sonst in die Arche zu bringen, hatte er seine ganze Familie dabei. Es gibt viele Prediger, die sich gebrauchen lassen, um viele zur Errettung zu führen und die dabei ihre eigene Familie verlieren. Der Priester Eli wurde verworfen, weil er seine Söhne mehr liebte als Gott. Er widmete anderen Zeit, aber er kümmerte sich nicht um seine eigenen Söhne (1. Samuel 2,12-17;22-36). Der Pastor lebt beständig unter dem Druck der dringlichen und wichtigen Dinge. Er ist andauernd gefordert, dem Dringlichen seine Aufmerksamkeit zu widmen und manchmal opfert er auf dem Altar der Dringlichkeiten das, was wirklich wichtig ist. Oft läuft der Pastor den dringenden Dingen hinterher und vergisst, sich um sein eigenes Haus zu kümmern.

Es gibt viele Pastoren mit emotional zerbrochenen Familien. Sie gehen rücksichtsvoll mit ihren Schafen um und sind unsensibel ihrer Familie gegenüber. Sie sind auf der Kanzel liebenswürdig und in ihrem Haus grob. Sanft verhalten sie sich gegenüber den Kindern der anderen und hart den eigenen gegenüber. Viele Pastorenkinder sind verbittert und zornig darüber, wie sie von ihren Vätern behandelt werden: Sie haben nie Zeit. Immer helfen sie anderen, hören anderen zu, arbeiten mit anderen zusammen, aber nie nehmen sie sich Zeit, mit den eigenen Kindern zu sprechen. Es gibt Frauen, die einen Pastor geheiratet haben, und eine immense Einsamkeit erleben. Und es gibt Pastorenkinder, die lebende Eltern haben und doch Waisen sind.

Die Pastoren müssen sich mit großer Dringlichkeit darum bemühen, die Sorge um die Familie wieder zur obersten Priorität zu machen. Die Gemeinde ist ein Segen und wir müssen lernen, sie wie den Augapfel Gottes zu lieben und zu umsorgen, aber wir dürfen das nicht auf Kosten der eigenen Familie tun. Der beste Weg ist, dass die ganze Familie den Dienst liebt und gemeinsam und standhaft arbeitet, um den Pastorendienst zu unterstützen. Wenn die Familie des Pastors die Gemeinde als Konkurrenz ansieht, zieht das viele Unannehmlichkeiten für den Pastor und auch die Gemeinde nach sich.

Umgang mit Geld

Das, was der Arbeit des Pastors auf der Kanzel, in seinem Büro und in den anderen Bereichen des Dienstes Authentizität verleiht, sind seine moralische Integrität, seine eigene Gottesfurcht und sein amtliches Verantwortungsbewusstsein. Er muss ein tadelloser Mann sein. Sein Ruf muss unbefleckt sein. Er muss ein gutes Zeugnis vor denen haben, die draußen sind (1. Timotheus 3,7). Ein Pastor darf keine offenen Rechnungen in seinem Leben haben. Er darf dort, wo er lebt, keine finanziellen Streitigkeiten haben. Er darf nicht unehrlich in seinen Worten und nachlässig in seinen finanziellen Verpflichtungen sein. Der Pastor darf kein in Schulden verwickelter Mann sein, nicht finanziell verstrickt, nicht unverantwortlich in seinen finanziellen Verpflichtungen. Er darf nicht danach trachten, den Schein zu wahren. Er darf nicht danach streben, eine Lebensweise zur Schau zu stellen, die über seine finanziellen Gegebenheiten hinausgeht.

Viele Pastoren haben aufgrund der mangelnden Fähigkeit, ihr Geld zu verwalten, ihre Glaubwürdigkeit im Dienst verloren. Es gibt Pastoren, die dort, wo sie leben, für unglaubwürdig gehalten werden. Es gibt Pastoren, die leihen und nicht zahlen. Manche Pastoren sind untreu in der Verwaltung von Finanzen, angefangen beim Zurückhalten des Zehnten des Herrn. Wenn ein Pastor den Zehnten des Herrn zurückhält, verliert er die nötige Autorität, um in der Gemeinde Treue zu lehren. Es gibt Pastoren, die mehr ausgeben als sie verdienen. Sie stürzen sich in Schulden und schaffen es nicht, jederzeit ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Manche Pastoren wissen nicht mit Schecks und Kreditkarten umzugehen. Sie kaufen, was sie nicht brauchen, mit Geld, das sie nicht haben, um Leute zu beeindrucken, die sie noch nicht einmal kennen.

Wir leben in einer Konsumgesellschaft. Uns wird weisgemacht, dass das Haben wichtiger ist als das Sein. Durchgehend werden unsere Sinne durch strahlende Reklame angesprochen. Sie wecken in uns ein tiefes Gefühl der Unzufriedenheit und einen regelrechten Zwang, diese Konsumgüter zu bekommen. In den 1950er-Jahren konsumierten wir ein Fünftel von dem, was wir heutzutage konsumieren. Wir waren deswegen nicht weniger glücklich. In den 1970er-Jahren waren 70% der Familien von einem einzelnen Einkommen abhängig, um die laufenden Kosten zu decken. Heute brauchen mehr als 70% der Familien zwei Einkommen, um ihren Lebensstandard halten zu können. Mit anderen Worten: Der Luxus von gestern ist heute eine dringende Notwendigkeit. Wir haben mehr als wir brauchen. Wir geben mehr für überflüssige Dinge aus als für das Reich Gottes. Wir könnten mit viel weniger auskommen, zumal es nicht Dinge sind, die uns befriedigen. Unsere Freude liegt nicht außerhalb von uns, sondern in uns. Die Bibel sagt, dass die Genügsamkeit zusammen mit der Frömmigkeit eine Quelle großen Gewinns ist (1. Timotheus 6,6).

Leben in Sünde

Für das geistliche Leben eines Mannes gibt es nichts Gefährlicheres als sich an das Heilige zu gewöhnen. Die Söhne Elis, Hofni und Pinhas, waren Priester des Herrn, aber zugleich lebten sie unrein, respektlos und abscheulich. Sie taten das Werk Gottes, lebten aber nicht für Gott. Sie hatten ein Amt, aber kein Leben; sie dienten, hatten jedoch keine Gottesfurcht (1. Samuel 2,12-17). Eines Tages entwickelte sich ein Kampf zwischen den Israeliten und den Philistern. Vor einer bitteren Niederlage, bei der 4.000 Israeliten starben, brachten diese beiden unreinen Priester die Bundeslade ins Lager. Aber die Zerstörung wurde nur noch verheerender. 30.000 Männer starben, die Lade wurde geraubt und die Herrlichkeit des Herrn entfernte sich (1. Samuel 4,1-22). Ein untreuer Diener ist schlimmer als ein Ungläubiger. Charles Spurgeon sagte, dass ein Diener ohne Gottesfurcht in einer Gemeinde der größte Agent des Teufels ist.

Wenn das Leben des Pastors das Leben seines Dienstes ist, sind die Sünden des Pastors die größten Sünden. Die Sünden des Pastors sind gravierender, heuchlerischer und verheerender als die Sünden anderer Personen. Gravierender, weil der Pastor mit einem größeren Wissen sündigt, heuchlerisch, weil der Pastor die Sünde öffentlich von der Kanzel verurteilt und sie im Geheimen ausübt, und verheerender, weil mehr Personen schockiert sind, wenn der Pastor sündigt.

Nicht wenige Diener fallen der Unreinheit und der ehelichen Untreue zum Opfer. Die Zahl der Pastoren, die innerhalb der Gemeinde in unerlaubte sexuelle Beziehungen verwickelt sind, wächst mit erschreckender Geschwindigkeit. Rasend schnell steigt die Zahl der Scheidungen der Pastorenehen. Jedes Jahr wird eine Menge von Pastoren aufgrund von moralischen Angelegenheiten ihres Amtes enthoben. Jopencil Silva beschreibt die Schritte von der Versuchung bis zum Fall. Er sagt, dass Versuchung zum Fall wird, wenn ein Mensch stehen bleibt, wo er nicht hätte stehen bleiben sollen; wenn er dem Gehör schenkt, dem er nicht hätte zuhören sollen; wenn er dorthin schaut, wohin er nicht hätte schauen sollen; und wenn er das probiert, was er nicht hätte probieren sollen.4 Hier ist große Vorsicht geboten, denn die Sünde kann uns länger zurückhalten als wir bleiben möchten; sie kann uns weiter bringen als wir gehen möchten, und sie kann uns mehr kosten als wir bezahlen möchten.

Craig Groeschel warnt in seinem Buch Confessions of a Pastor vor der Gefahr der sexuellen Versuchung. Was als einfacher Gedanke beginnt, kann zu einem Blick werden, dann zu einem längeren Gedanken, und sich schnell zu einer Handlung entwickeln. Die Statistiken sind unglaublich: Konservative Erhebungen zeigen, dass über 60% der Männer und 40% der Frauen schon Ehebruch begangen haben.5 6Christen, und besonders Pastoren, sind nicht frei von diesem Risiko. Craig Groeschel erzählt die Geschichte der Eskimos und wie sie mit gefährlichen Wölfen umgehen. Diese Geschichte veranschaulicht die Gefahr:

Um die Familien eines Dorfes zu schützen, erlegt jemand einen Hasen oder ein Eichhörnchen. Anschließend tauchen die Einheimischen einen scharfen, zweischneidigen Dolch in das Blut des Tieres und lassen das Metall der Klinge gefrieren. Dann treiben sie das Ende des Dolches fest in den Boden, während das mit gefrorenem Blut bedeckte Metall noch aus der Erde ragt.

In der Nacht vernimmt ein unachtsamer Wolf den Geruch des Blutes und nähert sich, um zu sehen, was es ist. Er beginnt, an der Klinge zu lecken. Das gefrorene Blut und das kalte Metall betäuben die Zunge des Wolfes. Stück für Stück schneidet das Tier in seine eigene Zunge und beginnt, sein eigenes warmes Blut zu schmecken.

Da er keinen Schmerz empfindet, leckt er immer schneller und mit größerer Gefräßigkeit. Ohne es zu merken, schneidet er sich die Zunge ab. Wenn der Wolf merkt, was passiert, ist der Schaden bereits zu groß. Das Tier blutet aus, bis es stirbt.

Diese tragische Geschichte ist ein gutes Bild für sexuelle Versuchung. Viele Pastoren sind bereits am Bluten, ihr Leben ist kaputt. Es gibt viele Diener, die ihre geistliche Sensibilität und Gottesfurcht verloren haben. Sie leben in der Praxis der Sünde, während sie predigen, das Abendmahl reichen und den Versuchten Ratschläge geben. Sie sind Heuchler, die versuchen, andere zu heilen, während sie für sich selbst Heilung suchen sollten.

Es gibt Pastoren, die weiterhin in Sünde leben, ohne Buße zu tun oder vom Dienst zurückzutreten. Es gibt solche, die ihre abscheulichen Praktiken erst dann abbrechen, wenn sie erwischt oder zur Zielscheibe öffentlichen Spottes werden.

Jetzt ist es an der Zeit, dass die Gemeinde für die Pastoren betet! Es ist an der Zeit, dass Pastoren sich in den Staub werfen und zu Gott um eine Heimsuchung vom Himmel und eine Zeit der Wiederherstellung schreien (vgl. Joel 2,17)!

Fußnoten

  1. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2020 genießt in Deutschland die Polizei als Institution das größte Vertrauen der Bevölkerung (84%). Die Kirchen (und damit die Pastoren) dagegen stehen auf dem elften (und damit vorletzten) Platz. Nur 24% der Befragten gaben an, ihnen zu vertrauen. Das Vertrauen in die Kirchen (und Pastoren) ist nicht einmal halb so groß wie in die Bundesregierung (61%). Noch weniger Vertrauen als die Kirchen genießen laut dieser Umfrage nur noch die privaten Rundfunksender (19%). Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/814334/umfrage/vertrauen-in-die-institutionen-in-deutschland/ (Zugriff am 10.08.2021) ↩︎
  2. Groeschel, Craig: Confissões de um pastor. São Paulo: Vida, 2006, S. 168-169 ↩︎
  3. Ebd., S. 170 ↩︎
  4. Silva, Jopencil M.: Cuidado com as tentações do ministério. Governador Valadares: Design, 2007, S. 19.20 ↩︎
  5. Groeschel, Craig: Confissões de um pastor, S. 48 ↩︎
  6. In den deutschen Umfragen (veröffentlicht am 01.01.2018) geben 64% der Befragten (sowohl Männer als auch Frauen) an, von mindestens einem Seitensprung ihres Partners zu wissen. Mehr als ein Drittel der Befragten gibt an, von mehr als nur einem Seitensprung des Partners zu wissen.
    Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/933/umfrage/anzahl-bekannter-seitenspruenge-in-aktueller-partnerschaft-frauen/ und https://de.statista.com/statistik/daten/studie/928/umfrage/anzahl-bekannter-seitenspruenge-in-aktueller-partner-schaft-maenner/ (Zugriff am 10.08.2021) ↩︎